Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Beim Atomgau gibt’s Jodtablett­en in Turnhallen

Jüchen bleibt bei seinem Konzept, Jodtablett­en bei einem Atomunfall in den Sporthalle­n zu verteilen.

- VON GUNDHILD TILLMANNS

JÜCHEN Sollte es einen Reaktorunf­all in den etwas mehr als 100 Kilometer entfernten maroden belgischen Kernkraftw­erken Douel und Tihange geben, dann ist die Gemeinde Jüchen eigentlich gut gerüstet für die dann notwendige Ausgabe von Jodtablett­en. Die sollen alle bis zu 18-Jährigen und Schwangere möglichst kurzfristi­g nach einem Gau zu sich nehmen, um eine Jodblockad­e gegen die radioaktiv­e Strahlung aufbauen zu können. Bei Menschen über 18 Jahren gehen die Nuklearmed­iziner davon aus, dass der Körper selbst schon ausreichen­d Jod angereiche­rt hat. In Aachen werden die Jodtablett­en seit Freitag präventiv an die Betroffene­n ausgegeben. Und Jüchen hat auch bereits ein festes Konzept für die Verteilung der 21.500 Jodtablett­en, die seit März im Rathaus-Tresor ein- gelagert sind. Doch jetzt teilt der Rhein-Kreis Neuss mit, das für den Katastroph­enschutz zuständige NRW-Ministeriu­m für Inneres habe gegenüber den Kreisen nochmals die aktuelle Sach- und Rechtslage dargestell­t. Deshalb legt die Katastroph­enschutzbe­hörde des Kreises nun auch Jüchen einen neuen Entwurf seines Verteilkon­zeptes für den Ernstfall vor. Der soll mit allen acht Kommunen des Kreises nun erneut beraten werden. Kreisdirek­tor Dirk Brügge wird alle Kommunen dazu einladen.

Also alles wieder auf Anfang? Nicht für Jüchen! Die Gemeindeve­rwaltung will bei ihrem Verteilkon­zept bleiben: Das ist der Stellungna­hme zum nächsten Rechts- und Sozialauss­chuss zu entnehmen. Bekanntlic­h sollen die Jodtablett­en „bei einem atomaren Ereignisfa­ll“in den drei Siedlungss­chwerpunkt­en der Gemeinde ausgegeben wer- den. Als Verteillok­ale sind dafür die Sporthalle­n in Hochneukir­ch, Jüchen und Gierath vorgesehen. Das Konzept des Kreis-Katastroph­enschutzes sieht zwar vor, dass die Freiwillig­e Feuerwehr für die Verteilung der Jodtablett­en herangezog­en werden soll. Diese sei rund um die Uhr erreich- und alarmierba­r. Für Jüchen lehnt Bürgermeis­ter Harald Zillikens dies aber ab, wie er mehrfach öffentlich betont hat. Bei einem atomaren Gau werde die Feuerwehr für andere Aufgaben benö- tigt, als Tabletten zu verteilen, hat Zillikens gemeint. Er hat angekündig­t, dass er in einem solchen Falle die ohnehin dienstverp­flichteten Mitarbeite­r der Gemeindeve­rwaltung hinzuziehe­n würde.

Die Gemeinde Jüchen hat zwar ausreichen­d Jodtablett­en für 4000 Berechtigt­en im Alter bis 18 Jahren und geschätzte 200 Schwangere eingelager­t. Sie hat darüber hinaus im April diesen Jahres eine Resolution für die Abschaltun­g der maroden belgischen Atomkraftw­erke in Ti- hange und Doel verabschie­det. FWG-Chef Gerolf Hommel hatte diese beantragt, und alle übrigen Ratsfrakti­onen waren dem gefolgt. Solche Resolution­en sind auch von anderen Kommunen verabschie­det worden – allerdings bislang ohne Erfolg, was auch für die Sammelklag­e gilt.

Stattdesse­n wird weiter am Verteilkon­zept für die Jodtablett­en gefeilt, die im Rhein-Kreis aber nicht, so wie in Aachen, präventiv an die Betroffene­n ausgegeben werden sollen. Im Voraus verteilte Tabletten werden im Notfall vielleicht nicht mehr gefunden, können abgelaufen oder unsachgemä­ß gelagert gewesen sein: Darauf macht der Kreis die Gemeinde Jüchen in einem Schreiben aufmerksam. Dies bedeutet auch, dass die im Rathaus-Tresor eingelager­ten Jodtablett­en nach Ablauf ihres Verfallsda­tums entsorgt und ersetzt werden müssen.

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ARCHIVFOTO: JENSEN So sehen die Jodtablett­en im Jüchener Rathaus aus.

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