Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Lob der Großzügigkeit
Für Aristoteles war sie eine Tugend – ein edles Maß der Mitte zwischen Geiz und Verschwendungssucht: Großzügigkeit. Doch wird man dieser Tugend kaum gerecht, wenn man sie schlicht als Punkt zwischen zwei schlechten Extremen beschreibt. Großzügigkeit ist ja eine Haltung, ein Wesenszug, eine Einstellung zum Leben, die nicht nur damit zu tun hat, welchen Stil man pflegt, wie viel Geld man ausgibt, ob man sich etwas gönnt und den anderen auch. Großzügigkeit zeigt sich auch darin, dass man über Schwächen hinwegsieht, sich nicht über Nichtigkeiten erregt, fünfe gerade sein lässt.
Das ist kein Plädoyer für Ungenauigkeit, Schlampigkeit, Relativismus. Großzügig sein bedeutet gerade nicht, dass einem alles egal wäre, die anderen machen könnten, was sie wollen. Der Großzügige weiß im Gegenteil sehr genau, was ihm wichtig ist, was für ihn zählt. Darum kann
Großzügigkeit wird oft als Spendierfreude missverstanden. Dabei erweist sie sich vor allem darin, die falschen Dinge nicht zu genau zu nehmen und mit größtmöglicher Gelassenheit zu leben.