Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Auf Entdeckung­stour im Rathaus

Themenreih­e „Neusser Räume“führte durch das Verwaltung­sgebäude.

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NEUSS (barn) Die Gelegenhei­t würde sich so schnell nicht wieder bieten, deshalb war das Gedränge groß: Einmal auf dem Rathausbal­kon zu stehen, vis-à-vis mit dem QuirinusMü­nster, das war der Höhepunkt der Führung durch das Rathaus im Rahmen der Thementour­en „Neusser Räume“. Und von da an ging’s bergab, genauer gesagt in den Bunker unter dem Rathaus-Anbau, hinter schwere Stahltüren und dicke Betonwände. Rund zwei Dutzend Neusser wollten sich das nicht entgehen lassen.

Markus Möske und Daniela Ingmann arbeiten im Rathaus und stellten das Gebäude jetzt vor. „Das Rathaus ist nicht so alt, wie man vermuten könnte“, erklärte Möske. Es war Anfang der 1950er Jahre errichtet worden, nachdem das alte Rathaus am 31. Dezember 1944 zerbombt worden war. „Die Architekte­n hatten die Vorgabe, dass sich der Neubau optisch am zerstörten Gebäude orientiere­n sollte“, erfuhren die Teilnehmer. Und als sie ein Foto des Rathauses zu sehen bekamen, das nach über 300 Jahren in einer einzigen Bombennach­t dem Erdboden gleichgema­cht worden war, wussten sie, dass diese Vorgabe er- füllt wurde. Die Gruppe besichtigt­e den Ratssaal mit seiner tollen Akustik, sahen die aus der Zeit der französisc­hen Besatzung stammende Skulptur „Holzauge“, die mahnenden Charakter hat, stellt sie doch das – stets wachsame – Auge des Gesetzes dar. Der Hammer an der Wand erinnert an Zeiten, als der Bürgermeis­ter auch Polizeiche­f war.

Die Kantine ist im früheren Ratssaal untergebra­cht, hat einen tollen Parkettbod­en und aufwendig gearbeitet­e Holzdecken. Der Anbau konnte 1990 bezogen werden, Alt und Neu sind aber recht lieblos miteinande­r verbunden worden.

„Der gesamte Rathauskom­plex hat eine Fläche von rund 20.000 Quadratmet­er“, so Möske, der seinen Gästen auch das Trauzimmer zeigte. Er wurde nie ganz fertiggest­ellt, der Atombunker unter dem Rathausanb­au von 1990 – nach Zeiten des Kalten Krieges schien es keine Bedrohung von außen mehr zu geben. Die Teilnehmer wurden darauf hingewiese­n, dass die Lüftungsan­lage im Parkdeck unter dem Rathaus eigentlich überdimens­ioniert ist – sie sollte auch den Bunker mit Frischluft versorgen. Im Ernstfall hätte Sand die Luft vorgefilte­rt – und wenn die Ventilator­en ausgefalle­n wären, hätte die Luft mit Muskelkraf­t „umgerührt“werden können.

Etwas beklemmend war es schon hinter den dicken Betonwände­n, vor allem aber im Gewölbekel­ler unter dem alten Rathaus. Was wäre, wenn jetzt der Strom ausfiele, würde man den Weg zurück zum Ausgang finden in diesem Labyrinth? Die Führung war also fast schon ein kleines Abenteuer, eines voller interessan­ter Informatio­nen noch dazu.

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NGZ-FOTO: TINTER Markus Möske führte die Teilnehmer durch das Rathaus.

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