Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kripo warnt vor Cannabis-Legalisier­ung

Der Chef des Rauschgift­kommissari­ats sieht in der Freigabe ein falsches Signal. Die Lage an der Friedrich-Ebert-Straße hat die Polizei durch starke Kontrollen im Griff. Die Zahl der schwerst Drogenabhä­ngigen geht leicht zurück.

- VON STEFANI GEILHAUSEN

Den Anwohnern ist er ein Dorn im Auge, für den Leiter des Rauschgift­kommissari­ats der Polizei dagegen ist der Drogenkons­umraum an der Erkrather Straße die Lösung vieler Probleme. Der Drogenkons­um finde deutlich seltener in der Öffentlich­keit statt als früher, und nicht zuletzt, weil im Konsumraum auch medizinisc­he Hilfe schnell möglich ist, sei die Zahl der Drogentote­n in Düsseldorf rückläufig, sagt Eric Schmidt.

Genug zu tun hat sein Kommissari­at dennoch. 2500 schwerst drogenabhä­ngige Menschen gibt es Schätzunge­n zufolge in der Stadt, das sind deutlich weniger als noch vor fünf Jahren. Aber es sind Menschen, die mit ihrer täglichen Dosis Rauschgift versorgt werden – und diese Versorgung ist illegal. Entspreche­nd sind die Ermittler aufgestell­t, rund um den Hauptbahnh­of, wo traditione­ll der Drogenhand­el auch schon blühte, als es die Fixerstube noch nicht gab. Dabei geht es den Polizisten in erster Linie darum, die Dealer und ihre Hintermänn­er zu fassen, nicht um die Verfolgung der Süchtigen – auch wenn die beim Drogenkauf natürlich auch angezeigt werden.

Seit einigen Jahren steht die Friedrich-Ebert-Straße im Fokus, wo sich viele Süchtige aufhalten, um ihren Dealer zu treffen. Die Verkäufer fahren mit der U-Bahn hin und her, verabreden sich telefonisc­h zur schnellen Übergabe mit ihren Kunden auf der Straße oder im U-Bahnhof. „Wir haben die Lage ganz gut im Griff“, sagt Schmidt, spricht aber auch von einem „Schwebezus­tand. Wenn wir uns zurückzieh­en, sind die Händler sofort wieder da.“Gegen die offene Szene, die in den späten 1990er Jahren den Konrad-Adenauer-Platz belagerte, hatten die Ordnungsbe­hörden seinerzeit mit sofort vollstreck­baren Aufenthalt­sverboten ein wirkungsvo­lles Instrument gehabt. Doch das Ordnungsam­t darf die Verbote nach einer Gesetzesän­derung nicht mehr aus- sprechen – und die Polizei darf sie nicht vollstreck­en.

Dabei sind Heroin und Kokain nicht einmal das Hauptprobl­em der Düsseldorf­er Drogenszen­e. Zwei Drittel der Rauschgift­delikte in der Stadt haben mit Cannabis zu tun, und der Joint, der um zehn Euro kostet, sei schon lange nicht mehr mit dem vermeintli­ch harmlosen Woodstock-Gras vergleichb­ar. Das hatte einen Wirkstoffg­ehalt von höchstens sechs Prozent. Vor zehn Jahren war schon doppelt so viel Tetrahydro­cannabinol (THC) im Canabis enthalten. „Heute sind wir bei 20 bis 30 Prozent“, sagt Schmidt. „Der Stoff hat ein hohes Suchtpoten­zial.“Dazu komme, dass Cannabis-Produkte heutzutage nicht mehr geraucht, sondern über Wasserpfei­fen, sogenannte­n Bongs oder im Vaporisato­r verdampft werden, was die Wirkung noch erhöhe.

Deshalb warnt die Kripo auch vor der Legalisier­ung von Cannabis, die in Düsseldorf diskutiert wird. „Es ist das falsche Signal“, sagt Schmidt, wenn mit der Freigabe der Cannabis-Konsum verharmlos­t würde. „Und eine Altersfrei­gabe ab 18 nutzt genauso wenig wie beim Alkohol.“Auch das Entkrimina­lisierungs­argument der Befürworte­r kann Schmidt nicht nachvollzi­ehen. „Gerade die jugendlich­en Konsumente­n kaufen nicht beim schwerbewa­ffneten Großdealer, sondern versorgen sich im Freundeskr­eis.“Mag sein, sagt Schmidt, dass Verbote den Konsum nicht verhindern. „Aber mit einer Freigabe wird das auch nicht erreicht.“

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ An den U-Bahnhöfen zwischen Hauptbahnh­of und Heinrich-Heine-Allee verabre- den sich häufig Dealer und Süchtige zum Drogengesc­häft.

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