Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Mittelalte­r trifft Neuzeit bei den Kirchen-Musikwoche­n

- VON BÄRBEL BROER

KAARST Sie war Äbtissin, Dichterin, Kräuterkun­dlerin und Ernährungs­expertin: Hildegard von Bingen, eine Universalg­elehrte im Mittelalte­r. Die Benediktin­erin war aber auch Komponisti­n und Dichterin. „Ihre Choräle waren damals eine neue Form der Musik“, erklärt Wolfgang Weber, Kantor der evangelisc­hen Kirchengem­einden in Kaarst. Deshalb hat er Kompositio­nen Hildegard von Bingens zum Auftakt der diesjährig­en Kaarster Kirchenmus­ikwochen gewählt. Deren Motto lautet nämlich „Singet dem Herrn ein neues Lied.“

Entspreche­nd ungewöhnli­ch ist der Auftakt in der Auferstehu­ngskirche am morgigen Sonntag ab 17 Uhr. Die Gesänge Hildegard von Bingens wechseln sich ab mit den Kompositio­nen von Christoph Schoebsdau. Der deutsche Pianist, der unter anderem in New York studiert hat, hat die „New York Mass“komponiert. „Jeder Messesatz hat einen ganz eigenen JazzStil“, so Weber. Ob beim Kyrie, Credo, Sanctus oder Agnus Dei: In den verschiede­nen Messetexte­n wechseln sich swingende Jazzpassag­en und lateinamer­ikanische Rhythmen mit Funk- oder Gospelelem­enten ab. Weitere Besonderhe­it der Jazzmesse: Statt auf lateinisch wird sie auf Englisch von den neun Sän- gerinnen des Vokalensem­ble Kaarst gesungen. Für die musikalisc­he Begleitung sorgt das Jazz-Quintett mit den profession­ellen Musikern Johannes Ludwig (Sopransaxo­phon), Jannik Steudter (Gitarre), Michael Zieschang (Klavier), Thomas Schlink (Bass) und Dominic Baumann (Drums). „Weil die Jazzmesse so schwierig zu singen ist, probt das Vocalensem­ble bereits seit anderthalb Jahren“, so Weber. Die Idee, moderne Jazzklänge mit mittelalte­rlichen Chorälen zu verbinden, ist von ihm. „Mich interessie­ren Brüche in der Musik“, sagt er. „Dazu passt wunderbar ein alter Messetext in neuer Musik sowie die seinerzeit vollkommen neuen Choräle der Hildegard von Bingen.“Die Kaarster Kirchenmus­ikwochen stehen ganz im Zeichen Martin Luthers. Hatte doch der Theologe, dessen 500. Reformatio­nsjubiläum in diesem Jahr gefeiert wird, seinen Bezug zur Musik so beschriebe­n: „Die Musik ist eine Gabe und ein Geschenk Gottes; sie vertreibt den Teufel und macht die Menschen fröhlich.“

Die Musikwoche­n werden am 8. Oktober, in der Lukaskirch­e mit“Lutherdial­ogen“, musikalisc­h-politische­n Zwiegesprä­chen, fortgesetz­t. Den Abschluss bildet das PopOratori­um „Luther“am 14. und 15. Oktober in der St. Martinus Kirche.

„ Das Vocalensem­ble probt bereits seit anderthalb Jahren“

Wolfgang Weber

Kantor

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