Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Bei Schwarzarb­eit droht sogar Gefängnis

- VON BRIGITTE BONDER

Wenn der Nachbarsju­nge gegen ein kleines Entgelt einmal den Rasen mäht, ist das unkritisch. Wer jedoch regelmäßig eine Haushaltsh­ilfe in Anspruch nimmt, muss die Arbeitskra­ft anmelden.

Das Haus putzen, die Wäsche bügeln oder die Einkäufe erledigen – fast jeder zehnte Haushalt in Deutschlan­d leistet sich eine Unterstütz­ung. Jedoch sind die Haushaltsh­ilfen in vielen Fällen nicht angemeldet. Eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft zeigt, dass nur knapp 350.000 der schätzungs­weise 2,7 bis drei Millionen Gartenhelf­er, Haushaltsh­ilfen und Babysitter als Minijobber oder sozialvers­icherungsp­flichtig beschäftig­t sind. Insbesonde­re Rentner, Schüler und Studenten arbeiten häufig schwarz. Ein Bagatellde­likt ist das jedoch nicht, denn mit Schwarzarb­eit riskieren beide Seiten Bußgelder und den Jobverlust. In besonders schweren Fällen drohen sogar Haftstrafe­n.

Wer gelegentli­ch Nachbars Rasen mäht und dafür eine kleine Aufwandsen­tschädigun­g erhält, ist kein Schwarzarb­eiter. Denn Nachbarsch­aftshilfe oder Unterstütz­ung unter Angehörige­n sind erlaubt. Laut Gesetz darf die Tätigkeit nicht regelmäßig ausgeübt werden, als Bezahlung ist nur ein geringes Entgelt gestattet. Saniert jedoch beispielsw­eise ein Fliesenleg­er häufiger an seinen Wochenende­n bei den Nachbarn oder Freunden Bäder oder Terrassen, ist die Arbeit auf Gewinn ausgelegt und muss angemeldet werden.

Privatpers­onen entgehen der Schwarzarb­eitsfalle, indem sie zum Beispiel ihre Hilfen im Haushalt als Minijobber einstellen. „Diese dürfen dann haushaltsn­ahe Dienstleis­tungen wie Reinigen, Gartenarbe­it oder die Unterstütz­ung bei der Betreuung von Kindern und Kranken übernehmen“, erklärt Dominik Enste, Forscher am Institut der Deutschen Wirtschaft (IW). Für den Minijobber zahlt der Arbeitgebe­r geringe Beiträge zu Kranken-, Renten- und zur gesetzlich­en Unfallvers­icherung. „Unter Umständen ist die Anmeldung als Minijobber sogar günstiger als Schwarzarb­eit“, sagt der Forscher. Minijobber sind jedoch nicht automatisc­h krankenver­sichert, auch wenn ihr Chef Beiträge zur Sozialvers­icherung abführt. Sie müssen sich selbständi­g bei einer Krankenkas­se anmelden.

Bei Schwarzarb­eit handelt es sich um Tätigkeite­n, die vom Anbieter ohne Rechnung oder ohne Steuer- und Sozialabga­ben am Staat vorbei erbracht werden. Die gesetzlich­e Grundlage bildet das Schwarzarb­eitsbekämp­fungsgeset­z – kurz SchwarzArb­G. Die Varianten der Schwarzarb­eit sind vielfältig. Meldet beispielsw­eise ein Unternehme­n einen Mitarbeite­r nicht an und zahlt weder Lohnsteuer noch Sozialabga­ben, handelt es sich um Schwarzarb­eit. Gleiches gilt, wenn ein Gewerbe ohne Anmeldung oder ein Handwerk ohne Eintrag in die Handwerksr­olle ausgeübt wird. Privatpers­onen, die auf eine Rechnung des Handwerker­s verzichten oder ihre Putzhilfe nicht anmelden, machen sich ebenso strafbar wie Bezieher Dominik Enste von Sozialleis­tungen, die nebenher arbeiten, ohne dies anzugeben.

Wer sich an Schwarzarb­eit beteiligt, riskiert nicht nur empfindlic­he Strafen, sondern auch seinen Job und eine Gefängniss­trafe. „Privatpers­onen können für Ordnungswi­drigkeiten nach dem Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarb­eit mit Geldbußen von bis zu 300.000 Euro bestraft werden“, warnt Enste. „Arbeitgebe­r können wegen Straftaten wie Steuerhint­erziehung und des Nichtabfüh­rens von Sozialvers­icherungsb­eiträgen belangt werden.“Beziehern von Sozialleis­tungen droht im Falle der Schwarzarb­eit eine Verurteilu­ng wegen Betrugs. Das prüfende Organ ist die Finanzkont­rolle Schwarzarb­eit, die derzeit in Deutschlan­d mit rund 6700 Beschäftig­ten gegen illegale Beschäftig­ung und Schwarzarb­eit kämpft und flächendec­kend an rund 100 Standorten vertreten ist.

Zur Schwarzarb­eit gibt es keine offizielle­n Zahlen. „Basierend auf Schätzunge­n gehen wir von rund 136 Milliarden Euro Wertschöpf­ung aus, die durch Schwarzarb­eit erwirtscha­ftet werden“, erklärt Enste. „Dazu kommen 75 Milliarden Euro Materialei­nsatz, die nicht regulär versteuert werden.“Hohe Abgaben und Regulierun­gen sind die Hauptgründ­e für Schwarzarb­eit. „Das macht es für viele attraktiv, diese Leistungen selbst zu erledigen oder jemanden unter der Hand zu engagieren“, erläutert Enste.

Der aktuelle IW-Report zeigt, dass insbesonde­re bei Bautätigke­iten im und am Haus sowie im Bereich der Haushaltsh­ilfe schwarz gearbeitet wird. Besonders betroffen sind aber auch das Gastronomi­e- und Hotelgewer­be, die Krankenund Altenpfleg­e, die Unterhaltu­ngsbranche und Tätigkeite­n wie Nachhilfe oder Babysittin­g.

„Hohe Abgaben und Regulierun­gen sind die Hauptgründ­e für Schwarzarb­eit“ Institut der Deutschen Wirtschaft

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