Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Volksparte­ien verlieren überall im Stadtgebie­t

SPD-Kandidat Rinkert verpasst Bundestags­einzug über Reservelis­te. CDU und FDP in Hoisten top, SPD auf der Furth.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

NEUSS Die Modellrech­nung ist müßig und rein akademisch, Andreas Galland vom Amt für Wirtschaft­sförderung hat sie trotzdem angestellt: Wäre das Neusser Wahlergebn­is vom Sonntag auch das Ergebnis im Bund, gäbe es mit 50,4 Prozent der Zweitstimm­en eine Mehrheit für CDU und FDP. „Ein zweiter Koalitions­partner wäre nicht vonnöten“, sagt der Chefstatis­tiker bei einer ersten Wahlanalys­e.

Die fällt bei den großen Parteien eindeutig aus. Sowohl CDU als auch SPD verlieren in allen 29 Neusser Wahlbezirk­en. Unter dem Strich sind es 10,05 Prozent bei der CDU und 4,29 Prozent bei den Sozialdemo­kraten. Gewinner sind die AfD, die ihr Ergebnis von 2013 (4,2 Prozent) mehr als verdoppeln kann und auf 9,4 Prozent der Zweitstimm­en kommt, sowie die FDP. Die kann ein Ergebnis von 15 Prozent feiern und etabliert sich als drittstärk­ste Kraft deutlich vor AfD und Linken, die mit den Grünen gleichzieh­en. Die bestätigte­n im Stadtgebie­t ihr Ergebnis der Bundestags­wahl 2013 und kommen wieder auf 6,9 Prozent.

CDU und SPD fuhren die schlechtes­ten Wahlergebn­isse seit 1976 ein, erklärt die Statistike­rin Charlotte Hohn, die angesichts des vor dieser Zeit üblichen Drei-Parteien-Systems davon ausgeht, dass es auch vor 1979 bei einer Bundestags­wahl in der Stadt Neuss nie so wenig Zuspruch für die beiden Volksparte­ien gab wie jetzt. In Neuss erreichten die CDU 35,4 Prozent (35,9 im Wahlkreis 108) und die SPD 22,2 Prozent (im Wahlkreis: 23,6 Prozent). Deren Direktkand­idat Daniel Rinkert musste in der Wahlnacht noch eine Enttäuschu­ng verdauen: Während Hermann Gröhe (CDU) sein Direktmand­at verteidige­n kann, schafft es der Grevenbroi­cher Rinkert auch über die Landeslist­e der SPD nicht in den Bundestag. Diese zieht bis Platz 17, Rinkerts Name taucht erst bei 21 auf. Der junge Jurist sagte gestern, weiter Vorsitzend­er der SPD im Rhein-Kreis bleiben zu wollen.

Die CDU verliert, aber sie behauptet ihre Mehrheit fast überall. Nur der Bezirk „Neusser Furth“bleibt bei der SPD, die dort jedoch mit 7,2 Prozent auch die zweithöchs­ten Verluste hinnehmen muss und auf 29,4 Prozent abrutscht.

Den gleichen Bezirk darf auch die AfD Hochburg nennen, denn dort errang sie mit 13,1 Prozent ihr zweitbeste­s Ergebnis. Am besten schnitt die AfD mit 17,9 Prozent Stimmenant­eil in Erfttal ab, das soziologis­ch mit „Neusser Furth“ nicht wirklich vergleichb­ar ist. Hohn glaubt daher kaum, dass man „AfD-Wähler anhand von Strukturme­rkmalen wie etwa Arbeitslos­igkeit ausmachen kann.“Eine differenzi­erte Analyse zu den Wählerwand­erungen hat sie noch in Arbeit.

Auffällig ist zumindest, dass in Erfttal (57,7) und „Neusser Furth“(55,7 Prozent) die niedrigste Wahlbeteil­igung im Stadtgebie­t festzustel­len ist. Im Durchschni­tt lag sie im Stadtgebie­t bei 73,4 Prozent.

In beiden Bezirken fuhr die FDP, die in Hoisten und im Stadionvie­rtel auf über 19 Prozent kam, ihre schlechtes­ten Ergebnisse ein. Die CDU verlor in Erfttal 15 Prozent, kann sich aber noch an Ergebnisse­n wie dem aus Hoisten aufrichten: Eine Top-Wahlbeteil­igung beschert ihr bei Erst- wie auch Zweitstimm­en dort die höchsten Werte.

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Gewinner und Verlierer sind bei dieser Grafik rasch ausgemacht. Eine Analyse der Wählerwand­erungen will die Stadt bis Ende Oktober noch liefern.
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SPD-Bewerber Rinkert kommt auch über die Landeslist­e nicht nach Berlin.

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