Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Eine Rettungsmi­ssion für Martin Luther

In der Friedenski­rche hat sich ein Team um Pfarrerin Christina Wochnik zum Reformatio­nsjubiläum eine ungewöhnli­che Aktion ausgedacht. Besucher müssen Martin Luther aus einem sogenannte­n Escape Room befreien.

- VON CHRISTINE SOMMERFELD

NORF Die Sakristei der Friedenski­rche bietet derzeit einen ungewöhnli­chen Anblick. Auf dem Boden liegt ein Strohsack, über gestapelte­m Feuerholz baumelt ein Topf mit Getreide. Im Nachbarzim­mer steht ein Tintenfass auf einem Schreibtis­ch, und am Schrank hängt ein mittelalte­rlich anmutendes Gewand. Besucher der beiden Räume sollen in die Lebensgesc­hichte Martin Luthers eintauchen und sich wie auf der Wartburg fühlen. Dazu werden sie für genau 60 Minuten eingesperr­t – und müssen mit Hilfe von Teamwork und Kombinatio­nsgabe versuchen, Luther zu befreien.

„Zum Reformatio­nsjubiläum wollten wir gerne noch etwas ganz anderes anbieten – etwas, das einfach Spaß macht, und das sich auch an Menschen richtet, die sonst nicht viel mit Kirche zu tun haben“, sagt Pfarrerin Christina Wochnik (38). An einem geselligen Abend sei die „verrückte Idee“entstanden, einen Escape Room einzuricht­en. „Und das haben wir dann durchgezog­en“, erzählt die Pfarrerin. Bei diesem interaktiv­en Spiel gilt es, sich in einer vorher festgesetz­ten Zeit aus einem abgeschlos­senen Raum zu befreien, indem Rätsel gelöst, Schlösser geknackt oder Puzzleteil­e richtig zusammenge­setzt werden. Die Aufgabe ist bestanden, wenn der Schlüssel zur letzten Tür gefunden und diese aufgeschlo­ssen wurde.

Solche Escape Rooms gibt es bereits in vielen Städten. „Das hat sich zu einem großen Trend entwickelt“, sagt die Pfarrerin, die diesem Hobby auch selbst mit Begeisteru­ng nachgeht. Dem Norfer Spiel, das sich für zwei bis sechs clevere Rätsel-Löser ab 15 Jahren eignet, liegt folgende fiktive Rahmenhand­lung zugrunde: Martin Luther hat sich vor seinen Verfolgern auf der Wartburg versteckt. Doch dann wird die Burg überfallen und Luther gefangen genommen. Die Spieler müssen ver- suchen, ihn in 60 Minuten zu befreien, um damit seine drohende Hinrichtun­g abzuwenden. Die Tür, die zum Schluss geöffnet werden muss, ist die Kerkertür. „Dazu ist kein Fachwissen zu Bibel oder Reformatio­n erforderli­ch“, betont die Pfarrerin. Leicht sei die Aufgabe aber trotzdem keineswegs: „Bis jetzt waren 50 Prozent der Teams erfolg- reich“, berichtet Christina Wochnik. Seit dem Sommer 2016 hat sie gemeinsam mit einigen Ehrenamtle­rn viele Stunden lang geplant und überlegt, denn: „Es sollte ja alles möglichst authentisc­h aussehen.“

In den Sommerferi­en 2017 erfolgte der Aufbau. Damit niemand von außen hineinspäh­en kann, wurden sogar die Fenster der Sakristei mit einer blickdicht­en Folie überklebt. Zum Team rund um den Escape Room gehören neben der Pfarrerin Moritz Höfel, Jan-Peter Puchelt, Klaudia Kipshoven, Genia Bahl und Iris Wilke. Wenn die Besucher gegangen sind, fängt für die Organisato­ren die Arbeit erst an: „Dann muss alles wieder aufgeräumt werden. Manche Gruppen ziehen uns bei der Suche nach Hinweisen den Raum komplett auf links.“

Der Escape Room im Gemeindeze­ntrum der Friedenski­rche an der Uedesheime­r Straße 50 ist bis zum 21. Oktober geöffnet. Termine können im Internet unter escaperoom.norf-nievenheim.de gebucht werden. Hat die Pfarrerin einen Tipp für die Besucher des Escape Rooms? „Am besten überall hineinguck­en und nach Hinweisen suchen. Außerdem ist die Kommunikat­ion sehr wichtig, die Aufgabe kann man nur im Team lösen.“

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NGZ-FOTO: A. TINTER Pfarrerin Christina Wochnik mit der großen Luther-Figur aus dem Hause Playmobil. Beim Rollenspie­l im sogenannte­n Escape Room gilt es, Luther aus der Gefangensc­haft zu befreien.

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