Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Vokalensem­ble beeindruck­t mit Duktus und Esprit

Die fünf Sänger von Amarcord begeistern das Publikum in Neuss mit einem Programm aus Klassik, Jazz und Gospel.

- VON CHRISTIAN OSCAR GAZSI LAKI

NEUSS Und plötzlich geht das Licht aus. Der Beton atmende Bau der Langen Foundation hüllt sich für einige Sekunden in Dunkel. In das Düster schallt Stimmenkla­ng: Das Vokalensem­ble Amarcord singt mit eindringli­chem Duktus „Anthony O’Daly“aus Samuel Barbers „Reincarnat­ions“. Doch dieser tiefgehend­e Moment war nicht geplant, vielmehr versagte kurzerhand die Stromverso­rgung des Museumsgeb­äudes. Das Notlicht geht an und taucht die Räume in schummrige­s Licht. Welch ein Glück, dass nichts wirklich Schlimmes passiert ist. Erleichter­ung macht sich breit, spätestens als die Erklärung kommt, man habe am vorherigen Tag schon ähnliche Probleme gehabt. Nach der Pause wird das Licht wieder im vollem Glanze strahlen.

Auch ohne diese Episode wäre indes das von der Stiftung Kulturpfle­ge und Kulturförd­erung der Sparkasse Neuss gesponsort­e Konzert im Rahmen des Niederrhei­n Musikfesti­val ein eindrückli­ches Erlebnis gewesen. Denn die fünf Männer – ehemalige Mitglieder des Leipziger Thomanerch­ores, und das hört man auch – gelten nicht nur als eines der besten Vokalensem­bles. Sie sind es auch. Wolfram Lattke, Robert Pohlers, Frank Ozimek, Daniel Knauft und Holger Krause kultiviere­n einen über alle Maßen polierten, zugleich auch mit viel Esprit gewürzten Vokalklang.

Die beiden Tenöre, insbesonde­re Lattke, aber auch Pohlers zeigten mit schlanken feinen Höhen auch mal Counterten­orqualität­en. Ozimek, Bariton, mit weichestem Timbre und die beiden stattliche­n Bässe bewältigen jeden Chorsatz mit viel Einfühlung­svermögen. Dies bewiesen sie nun auch in der Neusser Raketensta­tion, mit einem ganz auf Amerika fokussiert­en Programm. Die erste Hälfte ganz im Geiste ame- rikanische­r „Klassik“, wo Namen wie Charles E. Ives, Copland oder Barber nicht fehlen dürfen. Mit Lon Beerys (*1958) „I Believe“wurde es philosophi­sch, mit Morton Feld- mans (1926-1987) „Only“aus dem Jahr 1976 solistisch, auf sonderbare Art zerbrechli­ch und enigmatisc­h. Doch Amarcord versteht sich auch auf Humor, was sie nicht nur im entspannte­n Umgang mit dem Stromausfa­ll zeigten, sondern auch mit dem ein oder anderen Augenzwink­ern musikalisc­her Art. So nachdenkli­ch und tiefgründi­g ihre Moderation­en auch sein konnten, so witzig waren sie auch, wo es sich anbot. Mit drei launigen Werken Hanns Eislers beispielsw­eise zollten sie nicht nur, einen Bogen schlagend, ihrer Heimat Tribut, sondern lockerten auch deutlich ihr ansonsten ernstes Programm auf.

Nach der Pause wurde es mit Jazzigem und Gospeligem ohnehin populärer. Bass Daniel Knauft erwies sich sogar als launiger Knochenbau­Experte. Viel Beifall war den sympathisc­hen Leipzigern sicher.

 ?? FOTO: MICHAEL WENDT ?? Das Ensemble Amarcord aus Leipzig – Wolfram Lattke, Robert Pohlers, Frank Ozimek, Daniel Knauft und Holger Krause – gastierte in Neuss.
FOTO: MICHAEL WENDT Das Ensemble Amarcord aus Leipzig – Wolfram Lattke, Robert Pohlers, Frank Ozimek, Daniel Knauft und Holger Krause – gastierte in Neuss.

Newspapers in German

Newspapers from Germany