Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Kanada – Einwanderung nach Punkten
Das zweitgrößte Land der Welt ist eines der beliebtesten bei Auswanderern. Mit seinem Punktesystem gilt es als Musterbeispiel. FDP und Grüne wollen sich das auch hierzulande zum Vorbild nehmen.
BERLIN (RP) Auch mehr als zwei Jahre nach Beginn der Flüchtlingskrise geht die Debatte um ein Einwanderungsgesetz weiter. Grüne und FDP wollen ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild. Das zweitgrößte Land der Welt verzeichnet jährlich bis zu 300.000 Einwanderer. Wie funktioniert das Modell?
Mit einem Punktesystem werden unter anderem Bildungsstand, Alter, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung und Integrationsfähigkeit der Zuwanderer bewertet: Bildung Entscheidend ist die Dauer des Studiums oder der Ausbildung in Kombination mit der Dauer des Schulbesuchs. Alter Die besten Chancen auf eine Einwanderungsgenehmigung haben Bewerber zwischen 21 und 49 Jahren. Sprachkenntnisse Mit Sprachtests werden Englisch- und Französischkenntnisse beim Sprechen, Zuhören, Lesen und Schreiben beurteilt. Berufserfahrung Die Arbeitserfahrung darf nicht mehr als zehn Jahre zurückliegen und muss mindestens ein Jahr Vollzeit oder zwei Jahre Teilzeit betragen. Integrationsfähigkeit Entscheidend ist, ob der Partner ebenfalls eine Berufsausbildung oder einen akademischen Grad besitzt, die Bewerber schon in Kanada gelebt, studiert oder gearbeitet haben. Auch kanadische Verwandte sind ein Vorteil.
Für grünes Licht von den Einwanderungsbehörden braucht man 67 von 100 Punkten. Der Prozess kann durch Extrapunkte beschleunigt werden; die bekommt derjenige, der bereits einen Arbeitsvertrag oder eine Zusage von einem kanadischen Arbeitgeber vorweisen kann. Das Punkteverfahren, das allerdings nicht für Flüchtlinge gilt, ist vor allem eines: flexibel.
Das vielgerühmte System, nach dem Zuwanderer ausgewählt werden, wird immer wieder an die Bedürfnisse des Landes angepasst, zuletzt zu Beginn dieses Jahres. Die jüngste Reform sorgte dafür, dass vor allem der Nachweis für einen Arbeitsplatz und Sprachkenntnisse den Ausschlag für eine Einwanderungsgenehmigung geben.
Die Wirtschaft wählt noch gezielter als bisher die gewünschten Kräfte aus. Damit haben die Kanadier im Vergleich zu ihrem herkömmlichen Punktesystem den Zugang zu ihrem Land enger gemacht. In Deutschland sind die Hürden allerdings noch höher: Die Höhe des Gehalts, die Branche und die mitunter verzwickte Anerkennung der Abschlüsse spielen auch eine Rolle.
Mit Blick auf ihre wirtschaftlichen Bedürfnisse legen die Kanadier fest, wie viele Menschen in ihr Land kommen und über welche Qualifikationen sie verfügen sollen. Je dringender eine Arbeitskraft gebraucht wird, desto höher ist ihre Chance, die begehrte blau-weiße Karte zu ergattern.