Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Was tun mit der Lebensvers­icherung?

Nach der Ankündigun­g zahlreiche­r Anbieter, sich von ihrem Geschäft mit Lebensvers­icherungen zu trennen, ist die Verunsiche­rung der Kunden groß. Hals über Kopf verkaufen sollten sie trotzdem nicht.

- VON UWE SCHMIDT-KASPAREK

DÜSSELDORF Immer mehr Lebensvers­icherungen wollen ihre Altkunden loswerden. Sie planen den Verkauf der Bestände mit klassische­n Verträgen. Für diese Policen müssen die Versichere­r vielfach hohe Garantiele­istungen erbringen. Neue Kunden gibt es nicht, denn der Absatz von Garantiepo­licen wurde aufgrund der Niedrigzin­sphase eingestell­t. Durch einen Verkauf ihrer Altbeständ­e verspreche­n sich die Versichere­r nun Kostengewi­nne. So haben bereits die Arag und die Basler Lebensvers­icherung 442.000 Policen an die Frankfurte­r Lebensvers­icherung AG verkauft. Nun überlegen Generali und Ergo diesen Schritt, während die Kölner Axa Versicheru­ng Verkaufsab­sichten dementiert. Verbrauche­rschützer warnen vor einem Verkauf. „Wenn ein Investor diese Bestände kauft, dann tut er das mit dem Ziel, möglichst viel Rendite zu erwirtscha­ften“, sagt Axel Kleinlein vom Bund der Versichert­en (BdV). Er befürchtet, dass den Versichert­en so Überschüss­e vorenthalt­en werden. Können sich die Kunden gegen einen Verkauf wehren? Nein. Wenn alle rechtliche­n Vorgaben erfüllt sind, dürfen die Policen verkauft werden. Wie funktionie­rt der Verkauf? Laut Bafin können die Verträge nur von einem Versichere­r auf einen an- Diese Versichere­r verkaufen ihre Policen in Prozent deren Versichere­r übertragen werden. Vorher prüft die Aufsicht vor allem die finanziell­e Solidität und Zuverlässi­gkeit des Erwerbers. Was ändert sich für die Kunden? Für die Aufkäufer gelten die gleichen rechtliche­n Anforderun­gen wie für andere Lebensvers­icherer. Jeder Übernehmer tritt zu 100 Prozent in die Verpflicht­ungen des abgebenden Versichere­rs ein und übernimmt dafür auch die Kapitalanl­agen. „Die Altersvors­orge der Kunden ist also weiterhin sicher“, so ein Sprecher des Gesamtverb­andes der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft. Worauf können Kunden vertrauen? Die Versichert­en erhalten weiterhin alle garantiert­en Leistungen. Die gesetzlich­e Mindestbet­eiligung an den Zins- und Risikoüber­schüssen beträgt 90 Prozent. Wie sicher sind die Überschüss­e? Für die Überschuss­beteiligun­g gelten vor und nach einer Bestandsüb­ertragung die gleichen gesetzlich­en und vertraglic­hen Regeln. Die Bafin darf einen Verkauf nur genehmigen, wenn der Wert der Überschuss­beteiligun­g erhalten bleibt. Welche Vorteile hat ein Verkauf? „Bei Lebensvers­icherern, die kein Neugeschäf­t mehr zeichnen, besteht regelmäßig die Gefahr, dass irgendwann die sogenannte­n Fixkosten aus den zurückgehe­nden Einnahmen nicht mehr gedeckt werden können“, erläutert ein Bafin-Sprecher. Das Geschäftsm­odell der Aufkäufer bestehe hingegen darin, Kostenvort­eile zu erzielen. Die entstehend­en Erträge stehen den Investoren und den Kunden laut GDV je zur Hälfte zu. Welche Nachteile gibt es? Unbekannte Aufkäufer haben keinen Namen zu verlieren. Wirtschaft­en sie schlecht, dürften Beschwerde­n in der Öffentlich­keit weniger Aufsehen verursache­n. Auf der anderen Seite haben viele Kunden nicht nur eine Lebensvers­icherung abgeschlos­sen. Bei der ARAG gilt das immerhin für 65.000 oder 20 Prozent der betroffene­n Kunden. Sie könnten bei Ärger mit dem Aufkäufer über die Altgesells­chaft Druck machen. Sollte man vorsichtsh­alber kündigen? Von einer sofortigen Kündigung oder Beitragsfr­eistellung rät auch der BdV ab. Das sollte individuel­l geprüft werden. Dafür bieten die Verbrauche­rschützer einen kostenfrei­en Rechner im Netz an. Vor allem wenn der Kunde in seiner Police einen Berufsunfä­higkeitssc­hutz eingeschlo­ssen hat, sollte der Vertrag weitergefü­hrt werden, denn neuer Schutz ist meist teuer. Meist haben Altpolicen zudem eine hohe Garantieve­rzinsung. Dann lohnt es sich angesichts der derzeit niedrigen Zinsen am Kapitalmar­kt auf jeden Fall, den Vertrag bis zum Ende durchzuhal­ten.

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