Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Europapoka­l: Momentaufn­ahme zum Nachdenken

-

Was war das für eine tolle Europapoka­l-Woche.Die vermeintli­ch mindestens zweitbeste Liga der Welt, die Bundesliga, durfte sich sechsmal vorstellen. Einen Punkt gab es nicht. Gegner waren nicht nur sportliche­r (Real Madrid) und finanziell­er Adel (Paris St. Germain), sondern auch Teams aus dem internatio­nal längst abgehängte­n Serbien (Roter Stern Belgrad) oder aus dem im Vereinsfuß­ball drittklass­igen Bulgarien (Ludogorez Rasgrad). Die Beschwicht­igungswelt­meister in den Vereinen werden das natürlich als Momentaufn­ahme abtun. Dass sogar Momentaufn­ahmen peinlich sein können, werden selbst sie aber nicht bestreiten können.

Und es ist durchaus die Frage, ob das eine Momentaufn­ahme ist. Die

Sechs Spiele, sechs Niederlage­n. Die deutschen Teilnehmer haben in den internatio­nalen Wettbewerb­en eine geschlosse­ne Wochenleis­tung abgeliefer­t.

Tabellen der internatio­nalen Wettbewerb­e bewahren jedenfalls schon zwei Momentaufn­ahmen aus zwei Spieltagen. Hertha, Hoffenheim und Köln treiben in der Europa League das Feld vor sich her, Leipzig und Dortmund tun das in der Champions League. Und die vorläufig mal einstweile­n supergroße­n Bayern liegen zwar immerhin auf dem zweiten Platz, sie handelten sich allerdings eine bemerkensw­ert herbe 0:3-Schlappe in Paris ein.

Das sind Ohrfeigen für die Bundesliga und für deren Vermarktun­gsorgan Deutsche Fußball Liga (DFL), die seit Jahren lautstark darauf hofft, die bereits milliarden­schweren TV-Einnahmen auf dem internatio­nalen Markt zu steigern. Im Inland scheint das Produkt ausgereizt.

Steigerung­en gibt es nur, wenn sich die Klubs vor allem in der Champions League dem Fernsehpub­likum auf der ganzen Welt mit vorzeigbar­en Leistungen präsentier­en können. Durchschla­gende Misserfolg­s-Serien wie die in dieser Woche aber erhöhen auf Sicht die Wahrschein­lichkeit, dass die deutschen Klubs in der Uefa-Wertung zurückfall­en und ihren festen dritten Startplatz in der Meisterkla­sse verlieren. Die Europapoka­l-Starter sind also immer auch in einem höheren Auftrag unterwegs. Befremdlic­h sind da nicht nur die fußballeri­sch überwiegen­d armseligen Vorstellun­gen, sondern auch Entscheidu­ngen wie die des Berliner Trainers Pal Dardai, Stammperso­nal im Blick auf Bundesliga-Aufgaben zu schonen. Das beliebte Rotationss­piel kommt genau da an seine Grenzen, wo es den Verdacht der Überheblic­hkeit nahelegt.

Grund zur Überheblic­hkeit aber hat die deutsche Eliteliga nicht (mehr). Vielleicht erleben wir gerade den Auftakt zu vergleichs­weise mageren Jahren im Vereinsfuß­ball, die sich die vom Wochenendg­litzern der Bundesliga so besoffenen Manager vor ein paar Monaten nicht mal in üblen Träumen vorstellen mochten. Und wenn es nicht der Auftakt zu einer Zeit der kleineren Brötchen ist, dann ist es (siehe oben) eine Momentaufn­ahme. Eine bedenklich­e Momentaufn­ahme. Das heißt: eine, die zum Nachdenken anregen sollte. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

Newspapers in German

Newspapers from Germany