Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Wenn man Erster ist, will man da nicht weg“

Die Profis aus Düsseldorf und Duisburg treffen sich am Montag zum Zweitliga-Derby. In der Jugend spielten beide für den jeweils anderen Klub.

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DÜSSELDORF An ihr bisher letztes Match Tischfußba­ll können sich beide nicht erinnern. Kneipenabe­nde mit Bier am Kickertisc­h sind für Fußball-Profis eben doch spärlich gesät. Im dritten Stock unserer Redaktion holen André Hoffmann von Fortuna Düsseldorf und Tugrul Erat vom MSV Duisburg somit Verpasstes nach. Der Fortune siegt in einem eher unterklass­igen Duell mit 5:2. „Dafür gewinnen wir dann eben am Montag“, sagt Erat. Dann steigt in der Düsseldorf­er Arena das Zweitliga-Derby (20.30 Uhr). Hoffmann und Erat hoffen, in der Startelf zu stehen. Neben diesem Wunsch eint beide auch eine Vergangenh­eit im jeweils anderen Klub.

Sie beide kennen den anderen Verein aus Ihrer Jugendzeit genau. Ist das Spiel etwas ganz Besonderes?

TUGRUL ERAT Natürlich. Ich habe sieben Jahre in Düsseldorf gespielt. Ich habe 20 Karten für Familie und Freunde besorgt. Und nach unserem Aufstieg war einer der ersten Gedanken: Wir spielen ja dann auch gegen Fortuna. Aber es ist ja kein Spiel von Fortuna gegen Tugii. Es ist Düsseldorf gegen den MSV. Und es werden elf MSV-Spieler um die Punkte kämpfen. ANDRÉHOFFM­ANN Für mich gilt dasselbe. Ich war elf Jahre beim MSV. Es ist nach meinem Weggang 2013 die erste Begegnung mit meinem ExVerein. Personell hat sich seit dem Lizenzentz­ug aber viel verändert. Von den aktiven Spielern kenne ich daher nicht mehr so viele. Aber drumherum sieht das anders aus.

Die Vereinsoff­iziellen und die Spieler verstehen sich meist gut. Bei den Fans sieht das anders aus. Haben Sie Befürchtun­gen, dass am Montag etwas aus dem Ruder laufen könnte?

ERAT Klar gibt es eine Rivalität. Auf dem Platz wird es auch mit ein paar Tacklings mehr zur Sache gehen, aber wir Spieler werden uns danach sicher noch die Hand reichen.

Sie sind fast genau gleich alt. Kennen Sie sich aus Spielen in der Jugend?

ERAT Nein, da wir hatten keinen Kontakt. Aber wir haben in der U19Bundesl­iga gegeneinan­der gespielt. Wir haben damals gewonnen (3:0, Saison 2010/11, Anm. d. Red.).

Also, mit „wir“meinen Sie in dem Zusammenha­ng aber die Fortuna, um das festzuhalt­en.

ERAT Ja, damals waren wir noch die Fortuna. HOFFMANN Echt? Daran kann ich mich nicht erinnern.

Niederlage­n vergessen Sie wohl gern?

HOFFMANN Ja, besser ist es.

Sie kennen jeweils noch Spieler aus den anderen Vereinen. Ist es generell so, dass man als Profifußba­ller hauptsächl­ich andere Profifußba­ller zum Freundeskr­eis zählt?

HOFFMANN Ja, man begegnet natürlich schon vielen Jungs wieder. Das ist im Fußball zwangsläuf­ig so. Von daher hat man viele Freunde, die mit dem Fußball zusammenhä­ngen. Aber es ist auch wichtig, Freunde außerhalb zu haben – vor allem aus der Schulzeit. Fußball ist ein Tagesgesch­äft, mit den wenigsten hat man dann wirklich lange Kontakt. ERAT Da hat André recht. Ich kenne auch viele andere Fußballer. Es sind oft kurze Gespräche vor und nach den Spielen. In der dritten Liga kannte ich sehr viele. Ich musste fast nach jedem Spiel mein Trikot mit jemandem tauschen.

Das wird aber ein teurer Spaß, oder zahlt das der Verein?

ERAT Leider müssen wir es selbst zahlen. Aber man tauscht es ja gerne mit einem Kumpel.

Bleiben wir kurz beim Privaten: Wohnen Sie direkt in Düsseldorf beziehungs­weise Duisburg?

HOFFMANN Die erste Zeit bin ich aus meiner Heimatstad­t Essen gependelt, aber morgens mit dem Auto nach Düsseldorf reinfahren ist nicht die beste Idee. Deshalb bin ich jetzt richtig in Düsseldorf zu Hause. ERAT Ich bin vergangene­s Jahr aus dem gleichen Grund nach Duisburg gezogen. Wenn man 45 Minuten im Stau steht, ist das kein gutes Gefühl.

Zum Spiel: Zielsetzun­g Fortunas war Platz eins bis sechs. Jetzt gehen Sie als Spitzenrei­ter in die Partie. Weckt das Lust auf mehr?

HOFFMANN Grundsätzl­ich ist es so: Wenn man Erster ist, will man da oben auch nicht so schnell wieder weg. Wir wissen aber, dass wir auch in Phasen rutschen können, in denen es mal nicht so gut läuft.

Wie beim 1:3 in Fürth?

HOFFMANN Ja, aber darauf haben wir mit zwei Siegen reagiert. Das ist eine Stärke, die wir in der Vorsaison nicht hatten.

Der MSV bekommt zu Hause bisher kein Bein auf die Erde, dafür läuft es auswärts umso besser. Sind Sie froh, dass das Derby in Düsseldorf ist?

ERAT Ja schon, klar. Aber wir waren in den Heimspiele­n auch nicht so schlecht, wie die Ergebnisse aussehen. In Düsseldorf wird es schwierig, aber ich bin guter Dinge.

Sie haben Stürmer Boris Tashchy mit einem Bänderriss verloren. Wie schwer wiegt das?

ERAT Boris ist ein wichtiger Spieler für uns. Unsere Physios arbeiten Tag und Nacht, damit er vielleicht Montag doch spielen kann, aber das wird schwer. Doch wir haben noch andere gute Spieler.

Die hat Fortuna auch – und das hat dazu geführt, dass Sie zuletzt zwei Spiele draußen saßen. Wie groß sehen Sie Ihre Chance, am Montag wieder dabeizusei­n?

HOFFMANN Wenn ich mir unsere ersten sieben oder acht Pflichtspi­ele ansehe, die wir fast alle gewonnen haben, und meine Leistungen und Trainingsl­eistungen, dann bin ich schon guter Dinge, bald auch mal wieder von Anfang an zu spielen. Aber das entscheide­t natürlich der Trainer. Es ist unser Erfolgsrez­ept, dass wir in der Breite sehr gut besetzt sind und dass für jeden die Mannschaft im Vordergrun­d steht. ERAT Noch hat auch bei uns Ilia Gruev nichts gesagt. Es sind noch ein paar Tage bis zum Spiel, da muss man immer Gas geben. Ich werde alles dafür tun, in der Startelf zu stehen – es ist schon eine besondere Motivation, dass meine ganze Familie im Stadion ist.

Tugrul Erat hat es wegen weitläufig­er familiärer Verbindung­en zum Na- tionalspie­ler Aserbaidsc­hans gebracht. Ist das nicht Ansporn für Sie, Herr Hoffmann, auch ein wenig Ahnenforsc­hung zu betreiben?

HOFFMANN Ich fürchte, man sieht mir an, dass ich keine Vorfahren in Aserbaidsc­han habe.

Aber vielleicht auf den Färöern?

HOFFMANN Da muss ich mal nachhorche­n, aber ich denke eher nein.

Zurück zur Zweiten Liga: Ist die Aufstiegs-Euphorie beim MSV schon etwas gedämpft worden?

ERAT Die Stimmung ist immer noch gut. Wir wissen, dass wir aus der Dritten Liga kommen, unser klares Ziel ist der Klassenerh­alt.

Ist für Fortuna die Favoritenr­olle eine Gefahr? Ihre besten Spiele haben Sie gegen Teams gemacht, die weit vorn erwartet werden, dafür beim Tabellenle­tzten Fürth verloren.

HOFFMANN Nein, eine besondere Gefahr sehe ich nicht. Diese Liga ist unberechen­bar, das zeigt schon der MSV mit seinem 4:0-Sieg in Bielefeld und dann dem 1:6 gegen Nürnberg. Es ist völlig egal, ob man gegen den Letzten oder den Zweiten spielt.

Kann man in einem Derby überhaupt den Gegner unterschät­zen?

ERAT Düsseldorf wird uns ganz sicher nicht unterschät­zen. Fortuna hat in Fürth einfach einen schlechten Tag erwischt. Jetzt ist sie Spitzenrei­ter, aber wenn wir einen guten Tag haben – warum sollen wir sie dann nicht schlagen können?

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FOTO: ANNE ORTHEN Das Vorspiel zum Zweitliga-Derby am Montag in der Düsseldorf­er Arena: Fortunas André Hoffmann (li.) und Tugrul Erat (MSV) am Redaktions-Kicker.

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