Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wenn Glücksspie­lsucht die Ehe gefährdet

-

NEUSS (jasi) Manchmal erkannte Nicole Verl ihren Mann nicht wieder. „Er war sehr aufbrausen­d, impulsiv und aggressiv. Auf der anderen Seite war er in sich gekehrt und schweigsam“, erinnert sich die 43-Jährige. Als sie ihren späteren Ehepartner kennenlern­te, war er bereits spielsücht­ig. Sieben Jahre sollte es dauern, bis er schließlic­h die Reißleine zog und sich in eine Therapie begab. Mittlerwei­le bezeichnet er sich als „trockenen Spieler“. Geld im Wert mehrerer Eigentumsw­ohnungen habe er verzockt. Das Konto sei „massiv überzogen“gewesen, wie Nicola Verl sagt. Doch die schwere Zeit ist überstande­n. Seit mehr als zehn Jahren habe er keinen Spielautom­aten mehr angerührt. „Ich bin bei ihm geblieben, weil ich ihn liebe“, sagt die 43-Jährige. Er habe sogar seine eigene Selbsthilf­egruppe gegründet.

Nicole Verl hat im Laufe der Jahre so viele Erfahrunge­n im Umgang mit einem Glückspiel­süchtigen gesammelt, dass sie mittlerwei­le beratend tätig ist und anderen Menschen helfen möchte. So war sie jetzt auch beim Stand der Fachstelle Glücksspie­lsucht der Caritas-Sozialdien­ste des Rhein-Kreises auf dem Neusser Markt zu finden. Dort nutzten Experten den bundesweit­en Aktionstag Glücksspie­lsucht, um auf das Thema „Angehörige von Glücksspie­lsüchtigen“aufmerksam zu machen. Auch Bürgermeis­ter Reiner Breuer schaute am Stand vorbei und zeigte Interesse an der Arbeit der Fachstelle.

„Bei den Angehörige­n handelt es sich um eine vergessene Gruppe. Darum wollen wir ihnen Aufmerksam­keit schenken“, sagt Verena Verhoeven, Einrichtun­gsleiterin der Fachstelle Glücksspie­lsucht, die vor 20 Jahren ins Leben gerufen wurde. Regelmäßig bietet die Fachstelle eine Gesprächsg­ruppe für Partnerinn­en und Ehefrauen von Glücksspie­lsüchtigen an. „Sie stehen in einem ganz besonderen Spannungsv­erhältnis zu ihren Männern“, sagt Verena Verhoeven.

Gerne würde die Caritas häufiger Angebote dieser Art realisiere­n, dies sei aus personelle­n Gründen aber aktuell nicht möglich.

„Bei den Angehörige­n handelt es sich um eine vergessene Gruppe“

Verena Verhoeven

Einrichtun­gsleiterin

Newspapers in German

Newspapers from Germany