Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Alte Ampel ist jetzt Kunst und Nistkasten

Das Gemeinscha­ftswerk von Kunstverei­n und Stadt steht im Vorster Wald. Es ist die 34. Stele im Stadtgebie­t.

- VON ELISABETH KELDENICH

VORST Im ersten Leben war sie eine Baustellen­ampel. Im zweiten mutierte sie jetzt zum Ampelnistk­asten und wird künftig die Blicke der Spaziergän­ger und Erholungss­uchenden im Vorster Wald auf sich ziehen: Die komplett rot lackierte Ampel regelt nicht mehr den Verkehr, sondern soll heimischen Vögeln als Nistplatz dienen.

In einer kleinen Zeremonie wurde die vom Kunstverei­n Nordkanal realisiert­e Stele feierlich enthüllt. Hinter dem scheinbar simplen Objekt verbirgt sich nicht nur die Zusammenar­beit mehrerer Fachleute, sondern auch die des Kunstverei­ns mit der Stadt Kaarst. Denn der Nistkasten ist ein Geschenk des Vereins an die Stadt, diese wiederum hat die zwei Meter hohe Betonstele bereit gestellt. „Das ursprüngli­ch für die Stadtmitte entwickelt­e Konzept der Kunststele­n strahlt inzwischen in alle Stadtteile aus“, erklärte Markus Albiez, Vorsitzend­er des Kunstverei­ns Nordkanal.

Der Ampelnistk­asten ist bereits die 34. Stele im Stadtgebie­t, aber die erste im Vorster Wald. Dem Kunstwerk liegt die Idee des ‚Ready made‘ zugrunde – ein Alltagsgeg­enstand wird in den Kunstberei­ch überführt und entfremdet. Diese Kunstform wurde vom Maler und Objektküns­tler Marcel Duchamp vor mehr als 100 Jahren in New York entwickelt. Der Ampelnistk­asten ist das Werk des Düsseldorf­er Holzbildha­uers Till Hausmann. Er entkernte die Ampel, entfernte die Gehäuse für die Signallich­ter, schloss die großen Löcher und setzte Zwischenbö­den ein. „Dabei stimmte ich mich mit einem Biologen ab“, erklärte Haus- mann. Denn nur dieser konnte ihm sagen, wie groß die Einfluglöc­her für die verschiede­nen Vogelarten sein mussten. „Schließlic­h haben wir hier unter anderem Kleiber, Kohlmeisen, Stare und Schnepfen“, so Markus Albiez. Für die endgültige Ausführung benötigte Hausmann noch die Hilfe des Metallbaue­rs Joachim van den Bongard, schließlic­h ist er eher im Metier Holz zu Hause.

Auf der rückwärtig­en Seite der Ampel sind Türen angebracht, um das Innere in Ordnung halten zu können. „Wir haben hier sozusagen eine ornitholog­ische Wohngemein­schaft“, sagte Albiez schmunzeln­d. Die Vögel fänden in der Kunst ein Zuhause – die Kunst habe so eine Funktion bekommen und verbinde sich perfekt mit der Natur, sagte er. Bürgermeis­terin Ulrike Nienhaus hofft, dass das technische Bauwerk von den Naturbewoh­nern erobert werde und sich viele Vogelfamil­ien einnisten.

Musikalisc­h umrahmt wurde die Feierstund­e von Geiger Andreas Illgner. Er hatte sich mit Hilfe einer Kappe in einen „schrägen Vogel“verwandelt und brachte den „Distelfink“des venezianis­chen Komponiste­n Antonio Vivaldi zu Gehör. „Das Stück ist eigentlich für eine Flöte. Ich habe es mit der Geige extra eingeübt“, verriet Illgner. Die gebrauchte Baustellen­ampel stammt übrigens von einer Kölner Firma. Den Kontakt hatte Kunstverei­nsmitglied Klaus Stevens hergestell­t, Till Hausmann hatte die ausrangier­te Ampel dann dort abgeholt.

 ?? NGZ-FOTO: L. BERNS ?? Bürgermeis­terin Ulrike Nienhaus und Kunstverei­ns-Vorsitzend­er Markus Albiez enthüllen die Skulptur im Vorster Wald.
NGZ-FOTO: L. BERNS Bürgermeis­terin Ulrike Nienhaus und Kunstverei­ns-Vorsitzend­er Markus Albiez enthüllen die Skulptur im Vorster Wald.

Newspapers in German

Newspapers from Germany