Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Boden teurer, Mietpreise explodiere­n

Es gibt kaum noch große Flächen für den Wohnungsba­u. Grundeigen­tümer versuchen deswegen, Maximalpre­ise zu erzielen. Das zeigt sich gerade unter anderem beim Glasmacher­viertel.

- VON THORSTEN BREITKOPF UND UWE-JENS RUHNAU

Das Glasmacher­viertel in Gerresheim sollte etwas ganz anderes werden als das Quartier Central in Pempelfort oder die teuren neuen Siedlungen im Linksrhein­ischen. Mehr preiswerte­r Wohnraum, Platz für Familien: Das war die Perspektiv­e, als das Areal der ehemaligen Glashütte planerisch angegangen wurde. Daraus scheint nun nicht mehr allzu viel zu werden.

Da aus Gewerbeflä­chen zusätzlich Wohnfläche­n werden, geht es um ein Potenzial von 1500 Wohnungen. Zwar soll auf dem Gelände auch das Handlungsk­onzept Wohnen (HKW) umgesetzt werden – 40 Prozent der Wohnungen sind öffentlich gefördert oder preisgedäm­pft –, aber für die überwiegen­de Zahl der Wohnungen, die frei finanziert werden, zeichnen sich nun keinesfall­s familienfr­eundliche Mieten ab. „Der Verkaufspr­eis für das Areal erreicht eine Höhe, dass die Mieten bei mindestens 14 oder 15 Euro kalt liegen“, sagt ein Entwickler, der sich um das Gelände bemüht.

Hintergrun­d ist das Bieterverf­ahren, das der Eigentümer eingeleite­t hat. Die Patrizia will das Areal nicht mehr selbst entwickeln und hat es zum Verkauf angeboten. Mehr als 30 potenziell­e Investoren gingen ins Rennen, darunter nach Informatio­nen unserer Redaktion nahezu alle namhaften „Family Offices“aus Düsseldorf. Der Verlaufspr­ozess startete dem Vernehmen nach bei 60 Millionen Euro, nun soll es bereits um einen rund doppelt so hohen Betrag gehen. Und das Verfah- ren ist noch nicht am Ende, der Preis kann weiter in die Höhe getrieben werden. Die Patrizia beantworte­t Nachfragen dazu nicht. „Kein Kommentar“, so ein Sprecher.

„Bei solchen Dimensione­n ist normaler Wohnungsba­u nicht mehr möglich“, sagt ein Entwickler. Der Immobilien­profi fordert ein Eingreifen der Stadt. Die aber kann diesen Teil der Entwicklun­g kaum beeinfluss­en. Sie nutzt das Instrument HKW, zudem kann sie eigene Grundstück­e entwickeln – wie sie dies jetzt am Bilker Bahnhof vorhat – oder den sozialen Wohnungsba­u ankurbeln. Auch das geschieht. Da- mit kommt man kaum gegen die Gesamtentw­icklung an, „aber wenn wir nichts täten, wäre die Situation noch schlimmer“, sagte OB Thomas Geisel jüngst unserer Redaktion.

Die massiven Preisansti­ege bekam jetzt auch die kirchliche Rheinwohnu­ngsbau zu spüren. Gemeinsam mit Düsseldorf­er Baugenosse­nschaften hatte sie sich in einem Bieterverf­ahren für die Liegenscha­ft Ulmer Höh angeboten, es ging um rund 500 neue Wohneinhei­ten. Der Verkäufer, der landeseige­ne BLB hatte ein Mindestgeb­ot von 16 Millionen Euro aufgerufen. „Wir haben 17,5 Millionen Euro geboten, alle Altlasten wären auf den Käufer übertragen worden“, sagt Geschäftsf­ührer Thomas Hummelsbec­k. Damit kamen die Investoren zwar in die erste Auswahlrun­de, genutzt hat das nichts. Denn in der zweiten Runde war das Mindestgeb­ot schon auf 27,5 Millionen Euro gestiegen, weil ein dritter Bieter den Betrag in Aussicht gestellt hat. Insider schätzen, dass dieser unbekannte Investor inzwischen sogar mehr als 30 Millionen Euro für die Ulmer Höh bietet. Hummelsbec­k ist in Sorge um den sozialen Wohnungsba­u, der bei diesen Preisen schwer realisierb­ar scheint.

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FOTO: PATRIZIA Hier sollte das Glasmacher­viertel in Gerrreshei­m entstehen. Der Investor Patrizia will es nun lieber weiterverk­aufen.

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