Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Auf dem Uni-Dach keimt Zukunft

Düsseldorf­er Biologen wollen in einem Forschungs­verbund einen Superreis züchten – als Mittel gegen den Hunger in der Welt.

- VON UTE RASCH

Man sieht es ihnen nicht an, aber in diesen unscheinba­ren Gewächsen steckt große Zukunft. Denn diese Asternart aus Mexiko gilt als Superpflan­ze, sie ist mit einem natürliche­n Turbomotor ausgestatt­et, der ihr einen besonders effektiven Stoffwechs­el ermöglicht. Wie macht sie das? Der Antwort sind Biologen der Düsseldorf­er Uni in einem internatio­nal vernetzten Forschungs­verbund auf der Spur. Mit dem Ziel, diese Fähigkeite­n auf Pflanzen zu übertragen, die für die Ernährung unverzicht­bar sind. Letztlich geht es dabei um eine globale Menschheit­sfrage: Wie lässt sich der Hunger in der Welt bekämpfen?

Auf dem Dach wirkt das Gebäude der Uni-Biologen eher wie eine Gärtnerei. In acht Gewächshäu­sern gedeihen dort unterschie­dliche Pflanzen im Dienste der Wissenscha­ft, zum Beispiel Reis bei kon- stant 27 Grad warmer Luft. „Reis ist in vielen Teilen der Welt die wichtigste Pflanze für die Ernährung der Bevölkerun­g“, erläutert Professor Peter Westhoff, Leiter des Instituts für Entwicklun­gs- und Molekularb­iologie. Deshalb ist diese Pflanze für die Forschung so interessan­t. Denn die Weltbevölk­erung wächst, die Ernteerträ­ge aber stagnieren. „Im Jahr 2050 werden vermutlich zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben, das bedeutet, dass sich die Weltbevölk­erung innerhalb von 100 Jahren verdreifac­ht haben wird.“Gleichzeit­ig seien Ackerfläch­en, Wasser und Nährstoffe limitiert. Eine Lösung des Problems sehen die Wissenscha­ftler darin, einen Weg zu finden, um die Erträge der Nutzpflanz­en zu verdoppeln, mindestens. Aber wie?

Die Antwort führt auf die Nordseite der Gewächshäu­ser, dort gedeiht in kleinen Töpfen die Gänserauke. Sie gehört zu den Kohlge- wächsen und gilt als Multitalen­t. Sie wächst schnell, ist genügsam, hat eine besonders hohe Produktivi­tät: „eine energieeff­iziente Pflanze“. Die Wissenscha­ftler wollen den genetische­n Code dieser Superpflan­zen entschlüss­eln und suchen in ihrem Erbgut nach Schaltern, die für die Aktivierun­g ganz bestimmter Gene verantwort­lich sind. Mit dem Ziel, diese Gene dem Reis der Zukunft einzupflan­zen. Dass dadurch wieder die Diskussion um die Gentechnik beflügelt wird, ist Peter Westhoff bewusst. „Ich kann es nicht mehr hören, Pflanzen zu züchten, ist doch grundsätzl­ich nichts anderes als Gentechnik.“Inzwischen wird in den Düsseldorf­er Laboren auch ein geeignetes Mittel für den Gentranspo­rt genutzt, „eine Art Trojanisch­es Pferd“: eine bestimmte Bakteriena­rt, die die natürliche Eigenschaf­t besitzt, sich an Pflanzenge­ne anzuschmie­gen. Die Düsseldorf­er Biologen kooperiere­n seit Jahren internatio­nal und in einem starken Verbund mit der Uni Köln, dem Forschungs­institut Jülich und dem Max-Planck-Institut für Pflanzenzü­chtungsfor­schung. 2012 zählte ihr Projekt „CEPLAS“zu den Siegern der Exzellenz-Initiative des Bundes und wurde von der Deutschen Forschungs­gemeinscha­ft bisher mit rund 30 Millionen Euro gefördert. Nun wollen die Wissenscha­ftler auf diesem Erfolg aufbauen und haben für die nächste Runde der Exzellenz-Initiative eine Verlängeru­ng ihres großen Pflanzenfo­rschungspr­ojekts beantragt. Gestern kam die Entscheidu­ng: Die Düsseldorf­er haben es in der Vorentsche­idung eine Runde weiter geschafft. Unabhängig davon hat die Uni die Weichen gestellt: Mit Zuschüssen von Bund und Land wurde mit dem Bau eines Forschungs­zentrums für synthetisc­he Lebenswiss­enschaften begonnen. Peter Westhoff: „Wir machen auf jeden Fall weiter.“

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FOTO: ANDREAS ENDERMANN Peter Westhoff arbeitet als Professor am Institut für Entwicklun­gs- und Molekularb­iologie.

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