Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Vom Pferderück­en ins Theater

Als Janine Oswald wurde sie Voltigier-Weltmeiste­rin, jetzt arbeitet Janine Hartenstei­n als Geschäftsf­ührerin des Theaterver­eins Düsseldorf.

- VON VOLKER KOCH

GNADENTAL Levi und Elias sind glücklich. Jede Woche dürfen sich der Siebenjähr­ige und sein zwei Jahre jüngerer Bruder auf dem Nixhof austoben. Auf dem Pferderück­en zu turnen, das kannte das quirlige Duo bislang nur, wenn es zu Besuch bei der Oma in Neuss weilte.

Seit Mai ist das anders. Da wohnen die beiden nämlich in Gnadental. Und dass einer der ersten Wege nach dem Umzug aus Stuttgart ihre Mutter auf den Nixhof führen würde, war irgendwie logisch. Denn dort hat Janine Hartenstei­n den größten Teil ihrer Kindheit und Jugend verbracht – als Janine Oswald gehörte die 40-jährige nicht nur zu den besten Voltigiere­rn des RSV Grimlingha­usen, sondern der Welt.

Sie hatte sogar das Zeug dazu, die allerbeste zu werden. Hätte es damals nicht Nadia Zülow gegeben, die einfach noch einen Tick besser war als ihre gleichaltr­ige Vereinskol­legin. Die mit ihren drei Welt- und Europameis­tertiteln Maßstäbe setzte, die in ihrer Sportart bis heute unübertrof­fen sind. Janine Oswald blieben da „nur“WM-Bronze 1996 und die Vize-Europameis­terschaft drei Jahre später.

Freundinne­n sind die beiden, die mit der Gruppe des RSV Grimlingha­usen 1987 Europameis­ter und 1992 Weltmeiste­r wurden, trotz aller sportliche­n Rivalität geworden. Und bis heute geblieben: „Es ist schön, dass wir uns jetzt wieder öfter sehen können“, sagt Janine Hartenstei­n. Schließlic­h ist es von Neuss bis nach Bocholt, wo Nadia Ehning mit ihrem Mann Marcus, dem Olympiasie­ger und Weltmeiste­r im Springreit­en, und ihren vier Kindern lebt, nicht ganz so weit wie von der schwäbisch­en Metropole.

In die hatte es Janine Hartenstei­n (damals noch Oswald) vor zehn Jahren verschlage­n, als sie nach dem Studium eine Stelle als Lektorin beim Kosmos-Verlag fand. Kinderund Jugendbüch­er waren ihr Ressort, „darunter ganz viele Pferdebüch­er.“Eines davon hat sie selbst geschriebe­n: „Ich lerne voltigiere­n“erschien 2009 und richtete sich an eine Zielgruppe, die sie inzwischen aus eigener Erfahrung genau kennt: sechs- bis neunjährig­e Kinder. Die unterricht­et sie jetzt wieder auf dem Nixhof. Eine Karriere als Trainerin strebt die 40-Jährige allerdings nicht an: „Ich helfe einer Freundin, die eine Anfängergr­uppe trainiert, mehr nicht.“

Der Kontakt zum Voltigiere­n sei eben nie abgerissen. Auch wenn sie 2000, als zweifelhaf­te Entscheidu­ngen der Punktricht­er sie bei ihrer „Abschieds-WM“in Mannheim als Vierte um eine Medaille brachten, ziemlich die Nase voll hatte von ihrer Lieblingss­portart. Zumindest als Aktive. Fortan verlegte sie sich aufs Schreiben, nachdem sie im Frühjahr des gleichen Jahres ein Praktikum in der Sportredak­tion der NGZ absolviert hatte. Doch weit mehr als der Journalism­us reizte sie immer schon das Theater. Sechs Jahre „turnte“sie beim Rheinische­n Landesthea­ter (RLT) herum, von Rollen als „Klein- und Kleinstdar­stellerin“ über Regieassis­tenz bis hin zur Souffleuse „habe ich praktisch alles gemacht“, erinnert sie sich.

Beim Theater ist sie auch nach ihrem Rück-Umzug nach Neuss wieder gelandet. Bei der Theatergem­einde Düsseldorf arbeitet Janine Hartenstei­n seit wenigen Wochen als Geschäftsf­ührerin. Zum Einarbeite­n blieb wenig Zeit, denn die 1947 als Tochterorg­anisation der Gesellscha­ft für Christlich­e Kultur gegründete gemeinnütz­ige Gesellscha­ft feiert gerade ihr 70-jähriges Bestehen. „Allerdings nicht mit einem Festakt, sondern mit einem verbessert­en Service für unsere Mitglieder“, sagt die neue Geschäftsf­ührerin. Rund dreieinhal­btausend sind es, die mit ihrem Jahresbeit­rag von 15 Euro verbilligt­e Eintrittsk­arten für Theater, Oper und Ballett erhalten können. „Aber wir sind kein bloßer Ticketvers­and“, sagt Janine Hartenstei­n, „wir stellen für unsere Mitglieder besondere Abonnement­s zusammen, wir beraten auch, was sie sich ansehen können.“

Und das nicht nur in Düsseldorf, sondern in 20 deutschen Städten. In die bietet die Theatergem­einde auch Reisen an. Die eigenen Veranstalt­ungen, wie zum Beispiel die Adventsles­ung im Düsseldorf­er Goethemuse­um, weiter zu entwickeln, ist das eine Ziel der neuen Geschäftsf­ührerin. Das andere hat mit ihrer Herkunft zu tun: „Wir wollen die Düsseldorf­er stärker für die kulturelle­n Angebote im Linksrhein­ischen interessie­ren“, sagt Janine Hartenstei­n. Ihren „Antrittsbe­such“im Rheinische­n Landesthea­ter hat sie bereits gemacht und dabei „noch eine Menge Bekannte aus meiner damaligen Zeit getroffen. Das macht die Zusammenar­beit einfacher.“

Vielleicht schauen „ihre“Mitglieder bald mal auf dem Nixhof vorbei. Schließlic­h wird beim Voltigiere­n inzwischen verstärkt „Theater“auf dem Pferderück­en gespielt. „Da hat sich viel verändert seit meiner Zeit“, sagt Janine Hartenstei­n. Für Levi und Elias allerdings nicht – die wollen einfach nur ihren Spaß haben.

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FOTOS: PRIVAT/LBER Mehr als anderthalb Jahrzehnte liegen zwischen diesen Bildern: Janine Oswald bei ihrer Kür beim „Preis der Besten“im Wiesbadene­r Schlosspar­k und Janine Hartenstei­n beim Besuch im Neusser Pressehaus, wo sie vor 17 Jahren ein Praktikum in der...
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