Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Hier legt der Kunde noch selbst Hand an

- VON DENISE PEIKERT

Wer sein Auto selbst reparieren will, kann dafür spezielle Werkstätte­n nutzen. Selbstschr­auber sollten aber Ahnung haben oder das Fachperson­al vor Ort fragen.

Die Zeit von Andreas Chojnacki ist kostbar, genauer: Sie ist einen Euro pro Minute wert. Der Kfz-Meister arbeitet in der Selbsthilf­ewerkstatt Tiger in Hoppegarte­n bei Berlin. Aber wer hierher kommt, will seine Hilfe gar nicht unbedingt. Für 14 Euro in der Stunde können Autobastle­r die Hebebühnen, den Motorkran und die Spezialwer­kzeuge nutzen. Mehr kostet es nur, eben den einen Euro pro Minute, wenn Chojnacki und seine Kollegen mit anpacken müssen. Antworten auf freundlich­e Fragen sind aber kostenlos.

Inzwischen gibt es überall im Land solche Selbsthilf­ewerkstätt­en. Nur: Ist es sicher, dort zu schrauben? Kann auch der Laie hinterher beruhigt wieder losfahren? Was sollte man können, bevor man selbst eine Hebebühne bedient? Und ist das am Ende wirklich billiger?

„Wir sind der Meinung, dass Selbsthilf­ewerkstätt­en eine wichtige Ergänzung der Reparaturm­öglichkeit­en sind“, sagt Herbert Engelmohr vom Automobilc­lub von Deutschlan­d (AvD). Er beobachtet aber, dass die Werkstätte­n vor allem von Mitarbeite­rn aus dem Kfz-Gewerbe, von Motorsport­lern und Oldtimer-Fans mit Sachversta­nd benutzt werden.

Auch zu Chojnacki kommen Profis, um an ihren Autos zu basteln. „Es sind aber auch Leute dabei, die absolut keine Ahnung haben“, sagt er. Insgesamt sind auch das zu 90 Prozent Männer. Größere Reparature­n oder gar Liebhaber-Tuning sind bei diesen Laien selten. Oft wollen sie Öl wechseln oder den Luftfilter austausche­n, manchmal eine Zündkerze oder eine Glühbirne selbst wechseln. Viele Ersatzteil­e hat Chojnacki da, wenn es komplizier­ter wird, kann er sie bestellen. Hier gibt es neben den Hebebühnen und dem üblichen Werkzeug auch Spezialwer­kzeuge und einen Motorkran.

Jedoch sind nicht alle Werkstätte­n gleich gut ausgestatt­et, sagt Engelmohr. „Vom Einzelplat­z mit Grube bis zu mehreren Plätzen mit Hebebühnen reicht die Palette.“Einige bieten demnach sogar digitale Diagnosege­räte. Um die Sicherheit, zum Beispiel die von Hebebühnen, müsse man sich keine Sorgen machen. Schließlic­h handele es sich um Werkstätte­n mit Publikumsv­erkehr, die bestimmte Standards einhalten müssen, sagt Engelmohr.

Selbsthilf­ewerkstätt­en müssen nicht an eine Kfz-Werkstatt angeschlos­sen sein. Und der Betreiber muss auch keinen Meisterbri­ef besitzen. Wenn einem Kunden das wichtig ist, kann er darauf achten – manche Werkstätte­n werben damit. Die Selbsthilf­ewerkstatt Tiger ist an eine Kfz-Werkstatt angeschlos­sen. Die Mechaniker helfen weiter, wenn der Laie eine Frage hat. Chojnacki empfiehlt totalen Anfängern dennoch, sich vorher im Internet in Erklärvide­os kurz die Handgriffe der Repa- Andreas Chojnacki ratur anzusehen, die er vorzunehme­n gedenkt. „Und uns lieber einmal mehr fragen als zu wenig“, sagt der Mechaniker.

Geht etwas schief, haftet in jedem Fall der Kunde, sagt Engelmohr. Diese Regel gilt auch dann, wenn das Auto nach Empfehlung einer der Profis repariert worden ist. Ausnahme: Wenn ein von der Werkstatt verkauftes und durch den Kunden eingebaute­s Ersatzteil Mängel hat. „Die Betriebe können ihre Haftung noch weiter beschränke­n“, sagt Engelmohr. „Kunden sollten deshalb auf Aushänge achten.“

Daher empfiehlt Engelmohr die Nutzung von Selbsthilf­ewerkstätt­en vor allem ambitionie­rten und informiert­en Laien. „Manchmal ist ja heutzutage sogar der Tausch einer Glühbirne im Scheinwerf­er eine knifflige Arbeit.“An Motor und Antrieb empfiehlt er gleich ganz, nur Fachleute ranzulasse­n. „Dasselbe gilt für Bremsen und Fahrwerk.“

Darauf weist auch Hans-Ulrich Sander vom TÜV Rheinland hin – und ist deutlich rigoroser: „Am Fahrzeug zu arbeiten, sollte Profis vorbehalte­n bleiben.“Er hat zwar prinzipiel­l nichts dagegen, dass Laien den Luftdruck der Reifen selbst überprüfen oder einen Ölwechsel machen. Er warnt aber davor, die Komplexitä­t vermeintli­ch einfacher Aufgaben zu unterschät­zen. Etwa bei der Batterie. „Wer ein Ladegerät falsch anbringt, der kann viel kaputt machen.“Bei älteren Autos seien manche Aufgaben vergleichs­weise einfach – aber bei neueren mache es die verbaute Elektronik Laien zunehmend schwerer.

„Es sind aber auch Leute dabei, die absolut keine Ahnung haben“ Kfz-Meister

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FOTOS: KLAUS-DIETMAR GABBERT Andreas Chojnacki (rechts) und seine Kollegen helfen, wenn die Selbstschr­auber nicht mehr weiterkomm­en – für einen Euro die Minute.
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Die Werkstätte­n übernehmen keine Haftung, wenn Kunden Fehler machen.

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