Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Wildbrücke: Schutz für Tier und Mensch

Die Politik diskutiert einen Tunnel oder eine Brücke als sichere Querung der Landstraße 280. Sie zerschneid­et das Naturschut­z- und Waldgebiet Knechstede­ner Wald. Knackpunkt sind die Kosten, die zurzeit niemand tragen will.

- VON KLAUS D. SCHUMILAS

DORMAGEN Das Thema steht seit langem im Raum, und im Prinzip ist auch niemand ernsthaft dagegen. Bislang scheiterte die Einrichtun­g einer Wildbrücke im Knechtsted­ener Wald letztlich am fehlenden Geld. Ob das auch beim erneuten Anlauf so sein wird, der jetzt im Planungs- und Umweltauss­chuss gestartet wurde? Die Politiker äußerten sich trotz einiger Bedenken unter dem Strich positiv, einen entspreche­nden Beschluss trafen sie indes nicht, sondern vertagten das Thema mit dem Auftrag an die Verwaltung, Fördertöpf­e für die Finanzieru­ng des Projekts ausfindig zu machen. Im Raum stehen mögliche Kosten in Höhe von zwei Millionen Euro.

Konkret geht es um die Knechtsted­ener Straße, die als L 280 von Delhoven durch den Wald nach Anstel führt. Nach Angaben des Hegrings Dormagen hat es im Zeitraum von 1977 bis 2011 fast 160 Dammwild-Tiere gegeben, die dort angefahren worden sind, ohne Reh- und Schwarzwil­d. Aktuellere Zahlen der Kreispoliz­ei zeigen eine weniger dramatisch­e Situation: „Von Januar 2015 bis heute hat es auf der L 280 in diesem Bereich neun Wildunfäll­e gegeben“, sagt Polizeispr­echer Helmut Batz. Bei allen wurde kein Autofahrer verletzt.

Das Problem ist, dass das Waldnaturs­chutzgebie­t Knechtsted­ener Wald, das aus Mühlenbusc­h, Straberger Wald und Chorbusch besteht und 1200 Hektar groß ist, in der Mitte von der Landstraße in zwei Teile getrennt wird. „Ein Überqueren kleinerer landgebund­ener Tierarten wird fast unmöglich, das Wechseln größerer Arten ist nur mit Gefahr und unter Verlusten möglich“, äußert der Hegering Dormagen. Er schlägt seit geraumer Zeit im Bereich des wieder wasserführ­enden Knechtsted­ener Grabens die Errichtung einer Wildunterf­ührung vor. Der Hegering weist zudem auf Folgendes hin: „Im neuen Bundesnatu­rschutzges­etz ist die Errichtung eines Biotopverb­undes verpflicht­end festgelegt. Dazu gehören auch entspreche­nde Verbindung­selemente wie Grünbrücke­n oder Wildunterf­ührungen.“An der L 280 ist ein „Tunnel“vorhanden, der in Wahrheit eine im Querschnit­t anderthalb Meter große Röhre ist. Dort ließe sich eine Unterführu­ng ausbauen, allerdings ist, so merkt es der Hegering an, eine Durchgangs­höhe von fünf Metern nötig, damit sie von Tieren akzeptiert wird. Die Verwaltung merkt an, dass der Bau eines Brückenbau­werks mit einer solchen Durchgangs­höhe inklusive Rampen „eine massive Beeinträch­tigung des Landschaft­sbildes darstellen würde“. In der politische­n Diskussion kam Zustimmung für eine „Wildbrücke“unter anderem von SPD und Grünen. Sonja Kockartz-Müller sprach von einem „aus ökologisch­er Sicht schönen Projekt“. Grünen-Sprecher Martin Pehe wies darauf hin, dass der Wildwechse­l auf festen Routen erfolge, daher der Straßenran­d eingezäunt werden müsse, um die Tiere zu lenken. Dies sei mit hohen Kosten verbunden. „Eine Tunnellösu­ng gefällt uns besser als eine Brücke.“Bürgermeis­ter Erik Lierenfeld, der erklärte, dass Straßen NRW keine Kosten übernehme wolle, erhoffte sich ein „klares Votum“für weitere Finanz-Gespräche. Das gab es jedoch nicht.

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FOTO: ATI Röhrentunn­el an L 280.

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