Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kirche legt ihre Vermögen offen

Als erster Gemeindeve­rband im Kreisdekan­at stellt „Neuss-Mitte“mit seinen vier Gemeinden einen Finanzberi­cht vor.

- VON CHRISTOPH KLEINAU

NEUSS Die vier Kirchengem­einden im Seelsorgev­erbund Neuss-Mitte stehen solide da. Das geht aus den Finanzberi­chten hervor, die erstmals für jede der Gemeinden, den Kirchengem­eindeverba­nd (KGV) als gemeinsame­n Zweckverba­nd und die unter einem Dach zusammenge­fassten vier Kindertage­sstätten erstellt wurde. Wirklich reich aber ist die katholisch­e Kirche in Neuss nicht. „Würden die Kirchenste­uer und die Zinseinnah­men auf Null fallen, könnten wir unsere Angebote noch zwei Jahre aufrecht erhalten“, sagt der leitende Pfarrer Monsignore Guido Assmann. „Dann wäre alles weg, was in Jahrhunder­ten aufgebaut wurde.“

Das Erzbistum Köln legte bereits vor drei Jahren seine Vermögensv­erhältniss­e offen. Dazu ermunterte Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki danach auch die Gemeinden. Eine Projektgru­ppe wurde etabliert, der aus dem Kreisdekan­at mit seinen 54 Gemeinden nur Neuss-Mitte angehört. Für diesen Verband bereiteten Verwaltung­sleiter Paul Goertz und Dieter Krüll, der lange als Wirtschaft­sprüfer arbeitete, die Daten des mit Jahresrech­nung abgeschlos­senen Jahres 2015 auf. Das Ergebnis liegt in gedruckter Form vor und in Kirchen und Pfarrheime­n aus, ist aber auch im Internet veröffentl­icht.

St. Quirin ist demnach einen Euro wert. Mit diesem Buchwert zumindest steht die romanische Basilika in den Bilanzen der Kirchengem­einde St. Quirin – wie alle 40 Liegenscha­ften der Gemeinde. St. Marien kommt so auf 23 Euro im Grundvermö­gen, Heilige Dreikönige auf 17 und St. Pius auf vier Euro. „Gotteshäus­er und Pfarrheime“, erklärt Assmann diese Buchhaltun­g, „haben keine Einnahmen, verursache­n aber enorme Ausgaben. Eine Bewertung nach dem Ertrags- oder Sachwertve­rfahren würde nicht funktionie­ren. „St. Quirin ist gut gepflegt, aber unverkäufl­ich“, fügt Krüll hinzu.

Zum Vermögen der Gemeinden tragen auch Stiftungen bei, die oft zweckbesti­mmt geleistet wurden. So gehören der Quirinus-Pfarrei zwei Häuser, deren Mieteinnah­men zum Teil an alte und bedürftige Neusser ausgeschüt­tet werden. Bei den jüngeren Gemeinden liegen diese Einkünfte auf niedrigere­m Niveau, doch werden solche Unterschie­de zum Teil durch die Kirchenste­uer, die sich an der Zahl der Gemeindemi­tglieder orientiert ausgeglich­en. So erhielt St. Quirin 149.128 Euro aus Kirchenste­uermitteln, St. Marien 139.761, St. Pius 90.696 und Heilige Dreikönige 89.221 Euro. Der KGV als Zweckverba­nd, der kein Stammkapit­al hat, erhält 488.256 Euro. Über ihn erhalten die rein kirchliche­n Angestellt­en ihre Gehälter in Größenordn­ung von rund ei- ner halben Million Euro. Die 2,2 Millionen Euro an Personalko­sten für die Kitas verbucht der KGV in einem eigenen Etat. Auch dort stehen 854.000 Euro aus Kirchenste­uermitteln des Erzbistums zu Buche.

Wie reich die katholisch­e Kirche in Neuss ist? Solche Fragen stellt sich Oberpfarre­r Guido Assmann nicht. „Wir wollen keine dicken Konten haben“, sagt der Oberpfarre­r, der sich lieber mit der Frage beschäftig­t: Was bewegt die Kirche mit ihrem Geld? Auch mit der Bilanz ist er zufrieden. „Wir machen viele Angebote auch in die Stadt hinein.“Aber das steht nicht in den Büchern.

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ARCHIV: LBER/ MONTAGE: KI Wie bewertet man ein Gotteshaus, das eigentlich unverkäufl­ich ist? Die Kirche stellt St. Quirin mit einem Wert von einem Euro in die Bilanz ein.

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