Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Ikea könnte noch schneller wachsen“

Der Chef des Möbelriese­n über Wachstum – und die Frage, wieso er dennoch über Leih-Möbel nachdenkt.

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KAARST „Das ist der Jesper“, sagt eine Mitarbeite­rin im gelben IkeaPolohe­md zu ihrer Kollegin, als Jesper Brodin den Eingangsbe­reich des neuen Möbelhause­s in Kaarst betritt. Duzen gehört hier zur Firmenspra­che – vom Lagermitar­beiter bis zum Vorstandsv­orsitzende­n. Für Brodin nichts Neues, der 48-jährige Göteborger ist ein Ikea-Eigengewäc­hs, seit September verantwort­et er die weltweiten Geschäfte.

Herr Brodin, waren Sie vor Ihrer ersten Neueröffnu­ng nervös?

BRODIN Ich bin vor allem unendlich stolz. Jede Eröffnung hat etwas Magisches, aber diese ist besonders – nicht nur, weil es meine erste als CEO von Ikea ist. Hier in Kaarst haben wir gleich mehrere große Schritte auf einmal genommen: In Sachen Architektu­r, Energieeff­izienz, Nachhaltig­keit, aber auch im Hinblick auf die Präsentati­on der Produkte.

Höffner, Segmüller, Schaffrath – die Konkurrenz in der Region ist groß. Ist der Neubau in Kaarst auch eine Reaktion auf diesen „Möbelkrieg“?

BRODIN Der Markt hier ist nicht einfach. Es herrscht große Konkurrenz, viele haben unser Konzept vom Ein- kaufserleb­nis übernommen. Aber als Ikea versuchen wir nicht nur, günstige Preise oder ein angenehmes Shopping-Erlebnis zu bieten, wir möchten das Leben unserer Kunden verbessern. Wir stecken viele Ressourcen in die Forschung, um zu verstehen, was unsere Kunden von uns wollen. Die Neuerungen hier sind ein Ergebnis.

Zwei Geschäfte in Köln, eines in Düsseldorf, eines in Duisburg, zuletzt eine Neueröffnu­ng in Wuppertal und nun ein weiteres großes Haus hier. Kannibalis­iert sich Ikea in der Region?

BRODIN Uns geht es um nachhaltig­es Wachstum. Wir könnten noch schneller wachsen, wir könnten noch schneller noch mehr Häuser eröffnen. Aber wenn wir das tun würden, wächst die Gefahr, dass wir uns selbst zu große Konkurrenz machen und letztlich schaden. Wir wollen auch innovativ bleiben. Ich persönlich halte den Kreislauf eines Systems für wichtig: Es geht uns nicht nur ums Möbelverka­ufen, es geht auch darum, alte Möbel zu recyceln. Außerdem prüfen wir, ob es einen Markt für das Verleihen von Möbeln gibt. Wir wollen mit den Menschen zusammenar­beiten, die Stärken der Gemeinscha­ft nutzen.

Lohnen sich neue Großmärkte in Zeiten der Digitalisi­erung noch?

BRODIN Wir sehen, dass sich viele Kunden online auf den Ladenbesuc­h vorbereite­n. Deshalb arbeiten wir dort vor allem viel im Bereich Virtual Reality, unser Küchenplan­er ist ein gutes Beispiel. Aber: Am Ende des Tages will ich persönlich­e Beratung im Geschäft, ich möchte sehen, was ich kaufe, es anfassen und ausprobier­en. Ikea-

Wieso sollte ich als Kunde überhaupt noch ins Geschäft gehen?

BRODIN Auch in unserer digitalisi­erten Welt braucht es Analoges. Wir brauchen unsere Mitarbeite­r in den Läden, um unseren Kunden individuel­l und persönlich helfen zu können. Aber natürlich beschäftig­t auch uns der digitale Wandel. Kunden haben immer weniger Zeit, in die Geschäfte zu kommen und wollen deshalb lieber online shoppen. Für unser Geschäft kommt es dabei vor allem auf Online-Beratung und die Anlieferun­g der Ware an, da haben wir noch viel Potenzial und testen aktuell viel aus.

Das könnte Jobs kosten.

BRODIN Dem würde ich so nicht zustimmen. Wir haben allein in Kaarst mehr als 70 neue Mitarbeite­r eingestell­t. Das Restaurant, das Lager, das ganze Haus ist einfach deutlich größer als zuletzt. Aber grundsätzl­ich bietet die Digitalisi­erung für unser Unternehme­n große Jobchancen. Wir expandiere­n immer weiter, wir stellen in nahezu allen Bereichen mehr Mitarbeite­r ein. CLEMENS BOISSERÉE FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

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FOTO: BERNS Chef Jesper Brodin

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