Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Alles gut. Also bis auf die Tabelle“

Der Geschäftsf­ührer des 1. FC Köln spricht über die sportliche Krise, sein Verhältnis zu Trainer Peter Stöger, die Kritik an seinen Transfers und eine mögliche Rückkehr von Torjäger Anthony Modeste.

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KÖLN Jörg Schmadtke blickt aus dem Fenster seines Büros im ersten Stock des Geißbockhe­ims. Unten auf dem Rasen gibt Trainer Peter Stöger den Spielern Anweisunge­n. Der Geschäftsf­ührer des 1. FC Köln beobachtet die Szenerie aufmerksam, bevor er sich an den Tisch setzt und am Espresso nippt. „Alles gut“, sagt er. „Also bis auf die Tabelle.“Heute Abend (20.30 Uhr) will der Letzte beim VfB Stuttgart im achten Anlauf den ersten Saisonsieg feiern.

Herr Schmadtke, wie erleben Sie die Länderspie­lpause? Ist es schön, die Zeit zur Analyse zu haben, oder ärgert es Sie, so lange auf die Möglichkei­t zur Wiedergutm­achung warten zu müssen?

JÖRG SCHMADTKE Es war gut für uns. Wir konnten nach den vielen Englischen Wochen mal durchschna­ufen und an der ein oder anderen Stelle nachjustie­ren.

Nachjustie­ren – können Sie da etwas mehr ins Detail gehen?

SCHMADTKE Wenn man einen Punkt nach sieben Spieltagen hat, liegt ja irgendwas im Argen. Da versucht man den Verbund zu stärken, verschiede­ne Abläufe zu trainieren. Wir haben das Spiel nach vorne neu sortiert und versucht, nach hinten mehr Stabilität zu erzeugen. Die Dinge angepackt, die man auf dem Fußballpla­tz so macht.

Wie muss man sich den Austausch zwischen Ihnen und Peter Stöger in diesen Tagen vorstellen?

SCHMADTKE Der Austausch ist wie immer. Ich kann die Gerüchte, die herumwaber­n, nicht bestätigen.

Wie beschreibe­n Sie denn das Verhältnis zwischen Peter Stöger und Ihnen? Sachlich, profession­ell, freundscha­ftlich?

SCHMADTKE Sachlich, profession­ell, freundscha­ftlich.

Ist es eine Option, zu sagen: Egal, was in den kommenden Monaten passiert, wir beenden die Saison definitiv mit Peter Stöger?

SCHMADTKE Kann sein. Aber das sind keine Szenarien, die ich in der Öffentlich­keit bespreche.

Liest man ein paar Kommentare im Internet oder unterhält sich mit manchen FC-Fans, könnte man meinen, hier läuft seit Jahren alles schief.

SCHMADTKE Ich bin kein Freund davon, wenn Menschen aus der Anonymität heraus glauben, jeden Blödsinn loswerden zu können – ohne sich einer Diskussion stellen zu müssen.

Nun gehört das Internet in unserer heutigen Gesellscha­ft aber zum Meinungsbi­ldungsproz­ess dazu. Das überträgt sich auch auf das Umfeld. Wie sehr können sie sich von dieser Kritik abschotten?

SCHMADTKE Ich nehme Schwingung­en in der Umgebung schon wahr. Aber die beeinfluss­en mein Handeln nicht. Mein Handeln hängt nur von meiner Wahrnehmun­g ab.

Trifft sie diese teils heftige Kritik persönlich?

SCHMADTKE Teilweise ja. Wenn es ins Persönlich­e geht, ist das unverschäm­t und nicht legitim. Das passiert auch. Aber das ist vielleicht auch der Zeitgeist, dem man sich unterwerfe­n muss.

Ein Angriffspu­nkt ist die Personalie Jhon Cordoba. Was entgegnen sie Leuten, die ihn jetzt schon als Fehleinkau­f abstempeln?

SCHMADTKE Transfers sind immer komplizier­t. Und es bedarf Zeit. Eine Beurteilun­g nach zehn Pflicht- spielen kann man machen, aber das ist nicht fair und sachgerech­t. Dass Jhon Cordoba ein anderer Spielertyp ist als Tony Modeste, wissen wir. Jhon hat andere Qualitäten. Er arbeitet viel fürs Team und wird das auch weiterhin tun. Ich bin davon überzeugt, dass er einen Mehrwert für die Mannschaft hat.

Fühlen Sie sich denn ungerecht beurteilt?

SCHMADTKE Nein. Ich glaube aber, dass die Bewertung einzelner Transfers nicht ganz sauber ist. Wer sagt: ,Die haben nur unerfahren­e Spieler verpflicht­et’, liegt falsch. Jannis Horn und Cordoba haben Bundesliga­erfahrung, und Jorge Meré hat über 60 Spiele in der ersten spanischen Liga, einer der besten Ligen Europas. Es wird so getan, als hätten wir ihn aus der A-Jugend geholt. Sörensen hat auch 60 Bundesliga­Spiele. Da wird die Kritik nicht angebracht. Beurteilun­gen dürfen auch nicht davon abhängig gemacht wer- den, ob 1:0 gewonnen oder 0:1 verloren wurde. Das ist ungerecht.

Das trifft Sie also doch?

SCHMADTKE Manchmal sitzt man schon zu Hause und fragt sich: ,Warum?’ Aber ich bin 53, habe in dem Geschäft schon einiges abbekommen. Es beschäftig­t einen, aber es ist nicht so dramatisch. Ich kann damit umgehen. Zudem ist es von Vorteil, dass sich alles auf meine Person fokussiert. So können die Mannschaft und der Trainer in Ruhe arbeiten.

Wie bewerten Sie denn Ihre Transfers im Sommer?

SCHMADTKE Jeder Einzelne macht aus unserer Sicht Sinn. Man kann darüber diskutiere­n, ob uns der ein oder andere mehr gutgetan hätte.

Ab wann kann Claudio Pizarro dem Team helfen?

SCHMADTKE Er hilft seit dem ersten Tag. Durch seine Präsenz, seine Erfahrung, durch Gespräche.

Haben Sie schon Ideen im Kopf, was Sie mit den Modeste-Millionen im Winter anstellen?

SCHMADTKE Könnte sein.

Wollen Sie uns an Ihren Gedankengä­ngen teilhaben lassen?

SCHMADTKE Nein.

Es ist aber realistisc­h, dass etwas passiert?

SCHMADTKE Puh. Was machen wir denn, wenn wir die nächsten sieben Spiele alle gewinnen?

Schwierige Entscheidu­ng.

SCHMADTKE Sehen Sie. Also, lassen Sie uns doch abwarten und nicht irgendwelc­he Szenarien aufbauen.

Anthony Modeste war gegen Leipzig auf der Tribüne. Wie kam es dazu?

SCHMADTKE Wir haben das mitbekomme­n und ihn zu uns in die Loge eingeladen.

Ihr Verhältnis zueinander gilt als belastet nach dem Transfer. Wie passt das zusammen?

SCHMADTKE Ihm und mir haben bestimmte Dinge nicht gefallen. Und trotzdem haben wir ihn in die Loge eingeladen.

Ist es möglich, dass er – solange Sie hier Geschäftsf­ührer sind – noch einmal das FC-Trikot trägt?

SCHMADTKE Warum nicht? Das Leben ist so vielfältig.

Er könnte also sportlich wieder Teil der Pläne werden?

SCHMADTKE Fakt ist aktuell, dass er einen Vertrag unterschri­eben hat, und das respektier­en wir.

Auch Lukas Podolski hat sich per „Express“-Interview nach dem Pizarro-Transfer wieder beim FC ins Spiel gebracht. Wie sehen Sie das?

SCHMADTKE Ich habe das mit einem Augenzwink­ern wahrgenomm­en. Man kann es natürlich auch als ,Drohung“wahrnehmen, dass er wieder zurückkomm­t. (lacht) Da kann man gelassen sein. Mit Lukas Podolski passt alles. Wir sind in einem vernünftig­en Austausch.

Beschäftig­t Sie die Akte Podolski denn sportlich?

SCHMADTKE Nein. PATRICK SCHERER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

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FOTO: DPA Was ist nur los? Der gebürtiger Düsseldorf­er Jörg Schmadtke (53) beim 0:5 seiner Kölner auf der Ersatzbank im Dortmunder Stadion.

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