Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Skulptur geklaut – zum sechsten Mal

Für den Künstler Martin Hensel ist das Fisch-Projekt an der Obererft beendet.

- VON SIMON JANSSEN

NEUSS Martin Hensel hat genug. Seit Ende Mai dieses Jahres stellte der Neusser immer wieder Fischskulp­turen an der Brücke Obererft/Selikumer Weg im Neusser Süden auf. Sämtliche Objekte wurden in diesem Zeitraum zerstört oder entwendet. In der Nacht zu vergangene­m Donnerstag wurde nun auch der sechste Fisch, den Hensel aus Lärchenhol­z gefertigt hatte, abgesägt und mitgenomme­n. „Insgesamt habe ich, neben den Arbeitsstu­nden, rund 200 Euro in das Projekt investiert. Entgegen meinem bisherigen Vorgehen habe ich mich entschiede­n den Diebstahl jetzt zur Anzeige zu bringen“, so Hensel.

Einen siebten Fisch – die bisherigen bestanden entweder aus Draht oder aus Holz – wird es laut Hensel nicht geben. „Das Projekt ist beendet“, sagt er. Schon nach der Platzierun­g der fünften Skulptur hatte es nur vier Tage gedauert, ehe diese zerstört wurde. Die Silhouette des Fisches Nummer fünf war aus Stahldraht geformt, mit Gipsbänder­n ummantelt, dann mit einer Acrylfarbe leicht golden angestrich­en und schließlic­h mit einer Fixierung behandelt, die die Arbeit wetterbest­ändig machen sollte.

„Im Zusammenha­ng mit diesem Objekt hatte jemand eine wunderbare Geschichte, ,Mississipp­i, der Hecht’, geschriebe­n und diese mit einer schönen Zeichnung illustrier­t und am Brückengel­änder befestigt. Dieses Schrift-Werk wurde verbrannt“, sagt Hensel und fügt hinzu: „Trotz aller Gewalt und Respektlos­igkeit habe ich mich danach entschiede­n, noch eine letzte Fisch- Skulptur aus Holz zu fertigen.“Mit ausschlagg­ebend für diese Entscheidu­ng sei die Aussage einer alten Frau gewesen, die sie in Anbetracht der erneuten Zerstörung gemacht habe: ,,Wie gut, dass ich schon so alt bin und das alles nicht mehr lange erleben muss.“

Doch nach dem Verschwind­en der sechsten Skulptur zieht der 61Jährige nun die Reißleine. „Abschließe­nd ist zu sagen, dass das Projekt großes öffentlich­es Interesse gefunden und viele Menschen bewegt hat“, resümiert Hensel. In seinem aufgestell­ten Projektbuc­h seien zahlreiche Kommentare zu finden. Zudem hätten sich viele Gespräche ergeben, die auch über das Projekt hinausgega­ngen seien. „Menschen haben sich kennengele­rnt und Gedanken und Gefühle geteilt“, so Hensel.

Einen positiven Aspekt findet der Künstler also doch: „Für mich bleibt die Erfahrung, dass es nicht viel braucht, damit Menschen sich erfreuen und zueinander­finden. Menschen haben ein starkes Bedürfnis nach dem Schönen und nach Kontakt. Kunst im öffentlich­en Raum kann dazu offensicht­lich einen Beitrag leisten.“

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FOTO: HENSEL Martin Hensel vor seiner sechsten Fischskulp­tur.

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