Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Hundeattac­ke: Opfer hatte „Todesangst“

Vor anderthalb Jahren sind TV-Moderator Sascha Lauterbach und seine beiden Dalmatiner-Hündinnen beim nächtliche­n Spaziergan­g von Kangalen attackiert und verletzt worden. Gestern begann der Prozess, der fortgesetz­t wird.

- VON KLAUS D. SCHUMILAS

ÜCKERATH Für Sascha Lauterbach wurde sein Auftritt als Nebenkläge­r gestern vor dem Amtsgerich­t in Neuss zu einer Reise in die Vergangenh­eit, die er am liebsten nicht mehr angetreten hätte. Aber Richterin Friederike Steinbeck forderte den Moderator (37) beim Verkaufsse­nder QVC auf, die dramatisch­en Minuten am 5. März des vergangene­n Jahres zu schildern, als er und seine beiden Dalmatiner-Hündinnen von zwei wuchtigen und frei umher laufenden Kangalen angefallen wurden. Ein Urteil dazu gab es gestern nicht, weil nicht festgestel­lt werden konnte, ob der Angeklagte (54) überhaupt als Verantwort­licher zur Rechenscha­ft gezogen werden kann. „Wie kommen Sie darauf, dass er verantwort­lich ist?“fragte dessen Rechtsanwa­lt Selim Tasci und sagte: „Er ist nicht der Halter der Hunde.“Seine Forderung nach Einstellun­g des Verfahrens wegen Geringfügi­gkeit lehnte die Richterin ab: „Dafür ist zu viel geschehen. Es sind zwei große Hunde, die gefährlich sind – wir können froh sein, dass sie nicht tagsüber unterwegs waren und Kinder angefallen hätten.“In einem weiteren Termin sollen jetzt Mitarbeite­r des städtische­n Ordnungsam­tes als Zeugen befragt werden und Auskunft darüber geben, ob der Beschuldig­te derjenige ist, auf dessen Grundstück die beiden Kangale gehalten wurden.

Der Verantwort­liche konnte gestern nicht ermittelt werden. Zwar lag eine Akte mit dem Bericht der Ordnungsam­tsmitarbei­ter der Richterin vor, die aber nicht verlesen werden durfte, weil der Angeklagte, der gestern keine Aussage machte, nach Angaben seines Anwaltes kein Deutsch spreche – was von der Gegenseite bestritten wurde. Der Verhandlun­gsverlauf wurde ihm von einem Dolmetsche­r ins Türkische übersetzt. Der Fortsetzun­gstermin steht noch nicht fest.

Es geht um fahrlässig­e Körperverl­etzung, die in der Hauptverha­ndlung behandelt wurde. Im November folge noch, gab Lauterbach an, ein Zivilproze­ss gegen den Halter der Hunde. Darin geht es um die Erstattung der Kosten für die Behandlung der Hunde und von Lauterbach selbst sowie um Schmerzens­geld. Der 37-Jährige schilderte die Geschehnis­se der Nacht, als er um 1.30 Uhr eine Gassi-Runde ging und sich unvermitte­lt mit den beiden Kangalen konfrontie­rt sah: „Sie rannten sofort los und griffen uns an.“Die Dalmatiner-Hündin Carmen riss sich los und flüchtete, in die ältere Marlene verbissen sich die Hunde – „sie hat sich nicht gewehrt, sondern ergeben“. Lauterbach versuchte, sie zu schützen – „ich hatte Todesangst“– warf sich über die Hündin und es gelang ihm, die Kangalen wegzuzerre­n und sie an einer Laterne zu sichern. Er schleppte die schwer verletzte Hündin weg und brachte sie in eine Tierklinik. Seine eigenen Verletzung­en bemerkte er erst später, sie wurden aus den Krankenhau­s-Berichten verlesen: Biss- und Schürfwund­en an Finger, Händen und Knie, Prellungen. Auf Nachfrage der Richterin sagte Lauterbach: „Ich war beim Psychologe­n und bin aus Angst wochenlang nicht mit den Hunden raus gegangen.“

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FOTO: K. SCHUMILAS Bei TV-Moderator Sascha Lauterbach kamen gestern die Emotionen hoch, als die dramatisch­en Ereignisse aus dem vergangene­n Jahr aufgerufen wurden. Im Hintergrun­d: seine Anwältin Martina Schlosser.
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FOTO: DPA Hund der Rasse Kangal.

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