Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Nur Merkel macht May ein bisschen Mut

- VON MARKUS GRABITZ

BRÜSSEL Inzwischen ist es zur Gewohnheit geworden: Wenn die Staats- und Regierungs­chefs bei EU-Gipfeln Tacheles reden wollen, treffen sie sich in der kleinen Runde. Dann ist die EU der 27 unter sich, und die britische Premiermin­isterin Theresa May ist nicht dabei. So ist es auch gestern wieder gewesen. May ist schon wieder auf dem Weg zum Flughafen, als das Thema Brexit aufgerufen wird. EU-Chefunterh­ändler Michel Barnier trägt vor, wo es nach fünf Verhandlun­gsrunden hakt.

Zwar sei die Rede der schwer angeschlag­enen britischen Regierungs­chefin in Florenz eine Zäsur zum Besseren gewesen. Dort hatte sich May vor einigen Wochen erstmals dazu bekannt, dass Großbritan­nien zu den Zahlungsve­rpflichtun­gen steht, die das Land in 40 Jahren EU-Mitgliedsc­haft eingegange­n ist. Auch bei den Rechten von rund vier Millionen EU-Bürgern nach dem Austritt habe es Fortschrit­te gegeben. Man sei sich im Grunde auch bei der Irland-Frage einig. Das sogenannte Karfreitag­sabkommen, das den Frieden zwischen Protestent­en und Katholiken sichert, müsse unbedingt gewahrt werden. Doch unter dem Strich seien eben noch nicht die notwendige­n substanzie­llen Fortschrit­te erzielt worden, um die zweite Phase der Verhandlun­gen einzuläute­n, in denen London und Brüssel über die gemeinsame­n Beziehunge­n in der Zukunft reden wollen. Bevor es so weit ist, müsse das Vereinigte Königreich vor allem konkret sagen, wie viele Milliarden das Land bereit sei zu zahlen.

Bei der Summe, die Großbritan­nien zahlen soll, liegen die beiden Seiten weit auseinande­r: Die EU schätzt sie auf 60 bis 100 Milliarden Euro, London will möglicherw­eise nur 20 Milliarden bieten. May hat versproche­n, dass ihr Land bis 2020 in den EU-Haushalt einzahlen werde. Zu künftigen finanziell­en Verpflicht­ungen hatte sie sich jedoch noch nicht bekannt.

Die deutsche Kanzlerin ist es, die May immerhin etwas Mut macht. Sie zeigt London eine konkrete Perspektiv­e auf. Ihre Botschaft: Bis zum nächsten Gipfeltref­fen im Dezember könne man die Nüsse knacken. „Ich habe da eigentlich überhaupt gar keinen Zweifel, wenn wir geistig alle klar sind“, hatte Angela Merkel kurz nach Mitternach­t bereits gesagt. Sie sehe „null Indizien dafür, dass das nicht gelingen kann.“Da

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FOTO: AP Die britische Premiermin­isterin Theresa May am Verhandlun­gstisch in Brüssel.

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