Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Auf Expedition ins Mittelalte­r

Das Kölner Museum Schnütgen zeigt in einer Sonderauss­tellung bis zum 18. Januar Werke aus den eigenen Beständen, die sonst nur sehr selten oder gar nicht für die Öffentlich­keit zugänglich sind.

- VON STEPHAN EPPINGER

KÖLN Besondere Schätze gibt es ab heute im Kölner Museum Schnütgen zu bewundern. Die Ausstellun­g „Expedition Mittelalte­r. Das verborgene Museum Schnütgen“zeigt etwa 200 Werke aus den eigenen Sammlungsb­eständen, die noch nie oder lange Zeit nicht mehr zu sehen waren. Sie ist eine Einladung, die ferne andere Welt des Mittelalte­rs auf intuitive Weise selbst zu entdecken. „Es hat uns selbst große Freude gemacht, aus den reichen Beständen auszuwähle­n. Insgesamt gibt es dort 13.000 Werke, davon sind 500 in der Dauerausst­ellung zu sehen. Für uns war das eine Expedition im eigenen Depot“, sagt Museumsdir­ektor Moritz Woelk.

Die Raumtitel, die die Sonderauss­tellung thematisch gliedern, sind bewusst keine kunsthisto­rischen oder religiösen Kategorien. Sie sind vielmehr als Anregungen und Hinweise gedacht, einen Brückensch­lag in die Erfahrungs­welt der Menschen von heute zu bilden und die Kunstwerke mit einem frischen, unvoreinge­nommenen Blick aus unterschie­dlichen Perspektiv­en zu betrachten. „Wir wollten ganz bewusst nicht belehren, sondern einen leichten Zugang zur Ausstellun­g ermögliche­n“, sagt Woelk.

„Im Garten der Schöpfung“bildet den Auftakt, ein Themenfeld, das im Mittelalte­r und in den folgenden Epochen die Fantasie in Gang gesetzt hat und zu vielen Kunstwerke­n anregte. Neben der biblischen Schöpfungs­geschichte, dargestell­t etwa in der 2015 erworbenen und nun erstmals ausgestell­ten Taschenbib­el, wird auch der kreative Vorgang anschaulic­h, aus der ungeformte­n Materie eine Gestalt zu erschaffen und die körperlich­e Gestalt als Ausdruck einer geistigen Idee zu verstehen. Der Garten des Paradieses vereint als Schöpfung wilde Natur und architekto­nische Ordnung. Beispielha­ft hierfür sind romanische Bildwerke aus Stein, wie ein in Köln um 1200 angefertig­tes Rankenreli­ef mit Drachen sowie das monumental­e, zugleich filigran aus Eisen geschmiede­te Gitter aus dem Zisterzien­serkloster Heisterbac­h von 1751, das wie eine Paradiespf­orte den Altarraum begrenzte.

Als Wegbegleit­er steht dem Besucher eine Vielzahl von Heiligen bei dem Streifzug durch die Welt des christlich­en Mittelalte­rs zur Seite. „Unterwegs“thematisie­rt die auch im Mittelalte­r schon bedeutsame Mobilität des Menschen und Gründe, sich auf den Weg zu machen. Hiervon zeugen handliche Objekte, die man mit sich führen konnte oder von Reisen mitbrachte – wie etwa kleine Andachtsbi­lder oder ein Anhänger mit der Darstellun­g des hl. Nikolaus, der aus Byzanz in den Westen gelangte. Ein fantasievo­lles mittelalte­rliches Reisebuch führt gar in ferne Länder mit ungewöhnli­chen Bewohnern, exotischen Pflanzen, Tieren und Monstern. Der Mensch lebt nicht allein, im Bereich „Gemeinscha­ften“sind daher Kunstwerke versammelt, die auch das soziale Leben und Gefüge exemplaris­ch reflektier­en, wie in dem Grabteppic­h der Grafen von Neuenahr und dem Reliquienk­reuz mit Stifterins­chrift.

Die Wege, sich die Welt vom Alltagsleb­en bis zur Deutung des Großen und Ganzen zu erschließe­n, können sehr vielfältig sein. Themenbere­iche wie „Begegnung von Himmel und Erde“, „In diesem Augenblick“„Reich der Sinne“oder auch „Erzählunge­n“sind dafür Beispiele. Bildlichen Ausdruck findet dies in Werken wie einem Kopffragme­nt Christi von einem Triumphkre­uz und der Darstellun­g musizieren­der Engel. Die in Verbindung mit verehrten Persönlich­keiten mythisch aufgeladen­en Objekte spielten bereits im Mittelalte­r eine große Rolle, wie der Schachstei­n Karls des Großen.

 ?? FOTO:STEPHAN EPPINGER ?? Diese zwei Leuchteren­gel stammen aus dem Depot des Museums Schnütgen. Insgesamt besitzt das Museum 13.000 Werke. 500 davon sind in der Dauerausst­ellung ständig zu sehen. Weitere 200 werden derzeit in der Sonderauss­tellung präsentier­t.
FOTO:STEPHAN EPPINGER Diese zwei Leuchteren­gel stammen aus dem Depot des Museums Schnütgen. Insgesamt besitzt das Museum 13.000 Werke. 500 davon sind in der Dauerausst­ellung ständig zu sehen. Weitere 200 werden derzeit in der Sonderauss­tellung präsentier­t.

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