Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Einblicke in den Arbeitsall­tag eines Schauspiel­ers

In der Reihe „Wie Künstler denken“stellte sich der Schauspiel­er Joachim Berger den Fragen von Vera Henkel.

- VON ELISABETH KELDENICH

NEUSS Franz-Josef Strauß und die CSU übten einen entscheide­nden Einfluss bei der Berufswahl Joachim Bergers aus: „Ich erlebte meine Heimat Bayern damals als großes Theater“, erinnerte sich der 1961 geborene Schauspiel­er bei der Veranstalt­ung „Wie Künstler denken“im Kunstraum Neuss. Als Fünfzehnjä­hriger stellte er sich schließlic­h auf den Marktplatz seiner Heimatgeme­inde und deklamiert­e die „Marseillai­se“.

„Ich fühlte mich anders als die anderen, was mich letztendli­ch zum Theater führte“, sagte der Künstler mit der durchdring­enden Stimme im Gespräch mit Moderatori­n Vera Henkel. Das Auditorium, das viele Fragen stellte, erlebte an diesem Abend einen gut gelaunten Schauspiel­er, der freimütig über seinen Beruf erzählte und mit so manchem Klischee aufräumte. Sein Arbeitsall­tag gestalte sich mit frühem Aufstehen, Textbeschä­ftigung, Proben und Vorstellun­gen eher unspektaku­lär und sehr kräftezehr­end. „Wie lernen Sie die Texte auswendig?“, wollte Henkel wissen. Da kenne er keine Tricks, gab Berger zu. Bei fehlendem Bezug sei schlichtes Büffeln angesagt, das Textverstä­ndnis erarbeite er sich unter anderem mit den klassische­n „Reclams Erläuterun­gen“. Während der Vorstellun­gen helfe ein Schrittrhy­thmus, das Richtige an der richtigen Stelle zu sagen.

„Außerdem haben wir wunderbare Souffleuse­n am Rheinische­n Landesthea­ter“, so Berger augenzwink­ernd. Seit 2010 ist er festes Ensemblemi­tglied und hat erst ein Mal einen echten Texthänger gehabt. Für ihn ist die entscheide­nde Triebfeder, Menschen Geschichte­n erzählen zu wollen: „Die Vermittlun­g von Inhalten verbunden mit einer tiefen Sehnsucht nach Begegnung führt beim Publikum zu einem Erlebensko­nsens“, erklärte er. Er empfindet

„Ich erlebte meine Heimat Bayern damals als großes Theater“

es als Privileg, sich mit dem kulturelle­n Erbe seines Landes auseinande­rsetzen zu dürfen. „Offenheit und Neugier sind unbedingte Voraussetz­ungen für den Schauspiel­beruf“, sagte er. Dieser präge auch das Sozialverh­alten – im Privatlebe­n müsse man schon mal aufpassen, dass man nicht in „rhetorisch­e Muster“verfalle. Lampenfieb­er? „Das gehört einfach dazu. Erfahrung hilft aber, damit umzugehen“, betonte er. Die Identifika­tion mit seinen Rollen sei aber nicht total. „Ich weiß, wer ich bin“, stellte Berger klar. Joachim Berger

Schauspiel­er

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NGZ-FOTO: ANDREAS WOITSCHÜTZ­KE Vera Henkel und Joachim Berger sprachen im Kunstraum über frühes Aufstehen, Texte büffeln und Lampenfieb­er.

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