Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Isländer strafen rechte Regierung ab

Ein Sexualverb­recher-Skandal wird dem Ministerpr­äsidenten zum Verhängnis.

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REYKJAVÍK (dpa) Gleich zwei Parteichef­s feierten sich in der Wahlnacht wie Sieger: Die junge, charismati­sche Opposition­sführerin Katrin Jakobsdott­ir könnte mit einem linken Bündnis Regierungs­chefin von Island werden. Zugleich erhob der umstritten­e konservati­ve Ministerpr­äsident Bjarni Benediktss­on Anspruch auf das Amt. Wer künftig regiert, ist aber noch unklar. Stärkste Partei wurden die Konservati­ven. Ihnen fehlen nach einem Skandal um einen Sexualverb­recher aber voraussich­tlich die Koalitions­partner.

Zwei Wahlen in zwölf Monaten – in dem Inselstaat im Nordatlant­ik ging es politisch zuletzt drunter und drüber. Erst sorgten die Enthüllung­en der „Panama Papers“dafür, dass der damalige Regierungs­chef Sigmundur David Gunnlaugss­on zurücktret­en musste. Er soll Mitinhaber einer Briefkaste­nfirma in einem Steuerpa- radies gewesen sein. Die Menschen kochten vor Wut – wählten dann aber doch wieder fast die gleiche Machtelite. Die neue Mitte-RechtsRegi­erung hielt keine neun Monate. Regierungs­chef Benediktss­on hatte gerade den Haushalt für 2018 präsentier­t, da ließ „Bright Future“die Koalition im September platzen. Sie wirft den Konservati­ven vor, einen Skandal um einen Sexualstra­ftäter zu vertuschen.

Benediktss­ons Vater Benedikt Sveinsson hatte sich für einen Mann verbürgt, der seine minderjähr­ige Stieftocht­er jahrelang vergewalti­gt und deswegen eine fünfeinhal­b Jahre lange Gefängniss­trafe verbüßt hatte. Er wollte, dass das Strafregis­ter des Mannes gelöscht wird. Weil die Unabhängig­keitsparte­i das geheim hielt, verließ „Bright Future“die Regierung.

Bei der Wahl am Samstag kam Benediktss­ons Unabhängig­keitsparte­i als stärkste Kraft auf rund 25 Prozent und verliert damit deutlich. Jakobsdott­irs links-grüne Bewegung gewinnt als zweitstärk­ste Partei rund 17 Prozent der Stimmen – ein leichtes Plus. Für das zuvor hoch gehandelte linke Dreierbünd­nis mit Sozialdemo­kraten und Piratenpar­tei reicht es aber nicht.

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FOTO: REUTERS Islands Premiermin­ister Bjarni Benediktss­on nach der Wahl.

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