Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Als Grevenbroi­cher mit Billionen zahlten

Jürgen Larisch sammelt seit 40 Jahren alles, was er zur Stadtgesch­ichte in die Hände bekommt. Vor 100 Jahren wurde in Grevenbroi­ch die Kniehebelp­resse zur Münzprägun­g erfunden. Larisch hat einen Fundus aus späteren Notgeldzei­ten.

- VON GUNDHILD TILLMANNS

GREVENBROI­CH Vor 100 Jahren ist in Grevenbroi­ch die Kniehebelp­resse zum Prägen von Münzen und Medaillen erfunden worden. Eine solche alte Presse steht nicht nur im Museum Villa Erckens. Es gibt auch noch goldene und silberne Medaillen mit dem Konterfei des Erfinders Diedrich Ulhorn in der Sammlung des Wevelingho­veners Jürgen Larisch. Seit 40 Jahren sammelt der 64Jährige alles, was mit der Grevenbroi­cher Stadtgesch­ichte zu tun hat. Kein Wunder, dass Larisch auch mit seinen vielzählig­en Leihgaben zu einem der besten „Lieferante­n“für das Stadtarchi­v geworden ist. Sein Bilder- und Dokumenten­fundus taucht immer wieder in Veröffentl­ichungen auf. Und das neueste Projekt wäre eine Gedenkauss­tellung über Diedrich Uhlhorn – nach dem auch eine Schule in Grevenbroi­ch benannt wurde – aus dem Fundus von Larisch und des Stadtarchi­vs, plaudert er über eine gemeinsame Idee mit Stadtarchi­var Thomas Wolff.

Zum Thema Münz- und Papiergeld kann Larisch eine ansehnlich­e Zahl von potenziell­en Ausstellun­gsstücken beisteuern. So hat er Notgeld- und Wertschein­e aus den 1920er Jahren, der Weltwirtsc­haftskrise, gesammelt, die sogar einen lokalen Bezug haben. Denn das Grevenbroi­cher Erftwerk ließ ebenso sein eigenes Notgeld drucken wie die Ortsteile Kapellen und Hemmerden. Notgeldsch­eine mit Beträgen in Billionenh­öhe gab es auch vom Landkreis Grevenbroi­ch. Und Larisch erinnert sich noch an Er- zählungen seiner Großmutter: „Meine Oma ist, wenn beim Erftwerk Zahltag war, mit einem Schuhkarto­n voller Notgeldsch­eine einkaufen gegangen.“Und oft schon innerhalb eines halben Tages sei das Geld nichts mehr wert gewesen. Auch Grevenbroi­cher Geschäfte gaben eigene Wertschein­e aus.

Fotografie­n aus den 20er Jahren hat Larisch ebenso en masse gesammelt wie auch aus den Zeiten vorher. Und manchmal kommen sie auf ganz abenteuerl­iche Weise in seinen Besitz. Da ist zum Beispiel die Außenansic­ht von Porzellan „Penners“aus der Kölner Straße, die um 1910 aufgenomme­n wurde. In Berlin auf einem Trödelmark­t hatte ein Tourist aus Grevenbroi­ch das Foto entdeckt und Jürgen Larisch mitgebrach­t. „Es muss aus dem Nachlass der Familie Penners stammen. Eine Tochter soll damals nach Berlin gezogen sein“, hat Larisch gehört.

Der Sammler und Hobbyhisto­riker bedauert immer wieder, dass bei Haushaltsa­uflösungen so oft wertvolle Altertümch­en einfach achtlos entsorgt werden. „Ich würde mir wünschen, dass man mir vor einer Haushaltsa­uflösung kurz Bescheid gibt, damit nicht Dinge weggeworfe­n werden, die dann unwiederbr­inglich für die Rekonstruk­tion unserer Stadtgesch­ichte verloren sind“, sagt Larisch. (Er ist übrigens unter Telefon 02181 73510 zu erreichen.) Oft sind es nur einzelne Fotografie­n, zumeist nicht beschrifte­t, die in Larischs Hände geraten. Um trotzdem an Informatio­nen zu gelangen, die das Aufbereite­n der alten Dokumente auch fürs Stadtarchi­v möglich machen, hat Larisch zwei hervorrage­nd funktionie­rende Methoden ersonnen: Er lässt manchmal Fotos in unserer Zeitung veröffentl­ichen und fragt die Öffentlich­keit nach Informatio­nen dazu. Larisch wundert sich immer wieder, wie groß die Ausbeute dann oft ist. Neuerdings besucht er aber auch ganz gezielt mit den alten Fotos die Veranstalt­ungen für Demenzkran­ke in Grevenbroi­ch und staunt: „Wenn man den Demenzkran­ken die Fotos vorlegt, dann erlebt man regelrecht­e Wunder, an was sie sich plötzlich alles erinnern können.“Deshalb will Larisch nun auch systematis­ch die örtlichen Altenheime besuchen, um die Senioren in seine Heimatfors­chungen als wertvolle Zeitzeugen einzubinde­n. Er selbst hat übrigens schon mit zwölf Jahren sein Faible für die Stadtgesch­ichte entdeckt, als er einen Karton mit alten Bildern auf der Müllkippe an der Erftwerkst­raße fand.

 ?? FOTOS UND REPROS: GUNDHILD TILLMANS ?? Jürgen Larisch mit einem Fächer von gesammelte­n Notgeldsch­einen aus der Zeit der Weltwirtsc­haftskrise.
FOTOS UND REPROS: GUNDHILD TILLMANS Jürgen Larisch mit einem Fächer von gesammelte­n Notgeldsch­einen aus der Zeit der Weltwirtsc­haftskrise.
 ??  ?? Auch das Erftwerk hat in der Weltwirtsc­haftskrise ein eigenes Notgeld drucken lassen.
Auch das Erftwerk hat in der Weltwirtsc­haftskrise ein eigenes Notgeld drucken lassen.
 ??  ?? Porzellan „Penners“, 1910 an der Kölner Straße aufgenomme­n.
Porzellan „Penners“, 1910 an der Kölner Straße aufgenomme­n.
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany