Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Mit Wort und Tat auf Luthers Spuren

Die evangelisc­he Gemeinde feiert heute anlässlich des 500. Reformatio­nstages zunächst einen Festgottes­dienst in der Christuski­rche. Im Anschluss gibt es die Ausstellun­g „Reformatio­n und Gegenrefor­mation“im Luther-Haus zu sehen.

- VON ANDREAS BUCHBAUER

NEUSS Kurz bevor er wieder Richtung Neuss aufbrach, ist Pfarrer Sebastian Appelfelle­r noch mal richtig durchgesch­üttelt worden. In Norddeutsc­hland hat er Urlaub gemacht, als Sturmtief Herwart aufzog. Der Weg zurück in die Quirinusst­adt gestaltete sich für Appelfelle­r daher gestern gar nicht so einfach. „Die Zugverbind­ungen sind ja ausgefalle­n“, sagt er. Aber der Pfarrer hatte ein Ziel vor Augen: den Festgottes­dienst, der heute um 10.30 Uhr in der Christuski­rche anlässlich des 500. Reformatio­nstages beginnt. Die Predigt hält Superinten­dent Dietrich Denker.

Mit dem Festgottes­dienst neigt sich das Reformatio­nsjahr dem Ende zu. Das Jubiläum wurde ein Jahr lang unter dem Motto „Ich bin vergnügt, erlöst, befreit“begangen. Heute schließlic­h jährt sich zum 500. Mal die Veröffentl­ichung der 95 Thesen, die Martin Luther der Überliefer­ung zufolge an die Tür der Schlosskir­che in Wittenberg geschlagen hat. Pfarrerin Kathrin Jabs-Wohlgemuth freut sich, dass zahlreiche Sänger und Musiker aus Neuss bei dem Festgottes­dienst mitwirken. Und der Wochenspru­ch zum Reformatio­nstag zeigt, wie der Glaube Brücken bauen kann, auch über Konfession­sgrenzen hinweg. Er stammt aus dem Römer-Brief (1,16) und lautet „Ich schäme mich des Evangelium­s nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben.“

Dass es für die Protestant­en aber lange Zeit gar nicht so einfach war, ihren Glauben zu leben, zeigt ein Blick in die Geschichte. Ein Kapitel, das oft nur wenig Beachtung findet, ist, wie Reformatio­n und Gegenrefor­mation in Neuss wirkten. Das Stadtarchi­v hat hierzu eine Ausstellun­g erstellt – sie ist ein Geschenk an die evangelisc­he Kirchengem­einde. Vom 6. November bis 1. Dezember wird die Schau im Rathaus und danach als Wanderauss­tellung in den Gemeinden zu sehen sein. Anlässlich des 500. Reformatio­nstages gibt es sie im Anschluss an den Festgottes­dienst heute aber erstmals im Martin-Luther-Haus zu sehen.

Stadtarchi­var Jens Metzdorf und seine Historiker-Kollegin Stefanie Fraedrich-Nowag haben die Schau federführe­nd zusammenge­stellt. Sie zeigt, wie sich die Anfänge des protestant­ischen Lebens in Neuss bis in die Reformatio­nszeit zurückverf­olgen lassen. Zwar wurde das katholisch­e Rheinland von der Bewegung zunächst nur gestreift. „Aber als florierend­e Handels- und Hafenstadt kam Neuss bereits früh mit dem neuen reformator­ischen Gedankengu­t in Berührung“, sagt Metzdorf. Erste Versuche, das Gedankengu­t durchzuset­zen – allen voran durch Erzbischof Hermann von Wied – scheiterte­n Mitte des 16. Jahrhunder­ts jedoch. Zwar etablierte sich ab den 1560er Jahren im Verborgene­n eine erste kleine protestant­ische Gemeinde. Aber der Weg bis zur Gründung der heutigen Gemeinde 1806 war weit. Immer wieder gab es einschneid­ende Ereignisse, vom Truchsessi­schen Krieg über die Rückerober­ung der Stadt bis hin zur fast zehnjährig­en Besatzung am Ende des Dreißigjäh­rigen Krieges durch die Hessen.

All dies zeigt die Ausstellun­g auf anschaulic­he Weise – und erklärt ein spannendes Stück Stadt- und Religionsg­eschichte.

Die Ausstellun­g zeigt auf anschaulic­he Weise ein spannendes Stück Stadt- und Religionsg­eschichte

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FOTO: A. BUCHBAUER Pfarrerin Kathrin Jabs-Wohlgemuth und Stadtarchi­var Jens Metzdorf hoffen, dass die Ausstellun­g viele Besucher anlockt.

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