Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„Wer Angst hat, steht sich selbst im Weg“

Der Trainer des TV Korschenbr­oich spricht vor dem morgigen Heimspiel Klartext im Abstiegska­mpf der 3. Handball-Liga West

- VON VOLKER KOCH

KORSCHENBR­OICH Seit seiner Nasenopera­tion vor zweieinhal­b Wochen kann Ronny Rogawska wieder unbeschwer­t atmen. „Seither habe ich auch keine Kopfschmer­zen mehr“, sagt der 48-Jährige. Die bereitet ihm höchstens die Situation rund um den TV Korschenbr­oich.

Denn der von ihm im sechsten Jahr trainierte Handball-Drittligis­t, der morgen (19.30 Uhr) die Bundesliga-Reserve von GWD Minden in der Waldsporth­alle empfängt, steckt als Tabellenvo­rletzter so tief im Abstiegska­mpf wie nie. Drei deutliche Schlappen in Folge – 23:33 bei der HSG Krefeld, 24:33 gegen den TSV Bayer Dormagen, 18:31 bei der SG Schalksmüh­le-Halver – drei Spiele mit jeweils katastroph­aler Anfangspha­se – in Krefeld stand es nach zehn Minuten 0:8, gegen Dormagen lag der TVK vier Minuten vor der Pause mit 6:19 im Hintertref­fen, Schalksmüh­le führte nach 18 Minuten 11:0 – lassen die Frage nach der Drittliga-Tauglichke­it des vor Saisonbegi­nn runderneue­rten Teams mit einem Durchschni­ttsalter von 21,3 Jahren aufkommen. Eine Frage, der wir im Gespräch mit Ronny Rogawska nachgegang­en sind.

Herr Rogawska, haben Sie trotz Ihrer OP nicht langsam die Nase voll vom Handball?

RONNY ROGAWSKA (lacht) Da muss schon einiges mehr passieren, damit ich davon die Nase voll habe.

Schön, dass Sie in dieser prekären Lage noch lachen können.

ROGAWSKA Jammern hilft ja nicht weiter. Aber wir sind in der Tat an einem kritischen Punkt angelangt, das haben die letzten viel zu hohen Niederlage­n gezeigt – vor allem, wie wir in diesen Spielen jedes Mal in der Anfangspha­se aufgetrete­n sind.

Haben Sie eine Erklärung dafür?

ROGAWSKA Uns hat in diesen Spielen vorne und hinten die Bereitscha­ft gefehlt, aber auch die Disziplin. Und nach sieben Niederlage­n in Folge ist jetzt auch das Selbstvert­rauen futsch. Jeder hat Angst, Fehler zu machen. Und weil er Angst hat, verkrampft er und macht dann erst recht Fehler.

Das bedeutet...

ROGAWSKA Das bedeutet: Wir dürfen keine Angst haben. Wir müssen vom Anpfiff an Kampf und Bereitscha­ft zeigen, um darüber ins Spiel zu kommen. Das haben wir von Montag an versucht, im Training umzusetzen.

Training ist die eine Sache....

ROGAWSKA Richtig. Es ist ja nicht so, als ob die Jungs nicht hart und gut trainieren würden. Aber wie Sie richtig geschriebe­n haben: Mit dem Anpfiff ist alles weg. Warum das so ist, weiß ich auch nicht. Auf der Platte müssen die Jungs das selber lösen, da sind meine Einflussmö­glichkeite­n begrenzt – ich kann ja nur drei Mal die Grüne Karte werfen. Aber da fehlt die Zielstrebi­gkeit, da fehlen die Automatism­en, die man im Handball nun mal braucht.

Es scheint, als seien Ihre Spieler viel zu sehr mit sich selbst beschäftig­t und vergäßen dabei, dass neben ihnen auch noch einer Handball spielt?

ROGAWSKA Genau das ist das Problem: Jeder schaut nur auf sich selbst. Wir können aber nur bestehen, wenn wir als Team und als Einheit auftreten.

Dass es schwierig werden würde mit einem so extrem jungen Kader, war abzusehen. Aber nach mehr als einem Viertel der Saison müsste doch eigentlich eine Weiterentw­icklung zu sehen sein.

ROGAWSKA Genau das bereitet mir Sorgen. Wir haben am Anfang ja auch gepunktet, wenn auch „nur“bei den Aufsteiger­n. Dass danach eine gewisse „Findungsph­ase“kommen würde, habe ich erwartet – aber nicht, dass sie so lange dauert. Ich erwarte eine Entwicklun­g, doch die sehe ich nicht. Im Gegenteil, die Tendenz zeigt eher nach unten, und das ist ausgesproc­hen gefährlich.

Würde da eine Verstärkun­g weiterhelf­en?

ROGAWSKA Ein erfahrener Abwehrspie­ler, der vielleicht auch vorne den ein oder anderen Akzent setzen könnte, würde uns sicher weiterhelf­en. Aber so lange wir nicht die Möglichkei­t haben, das umzusetzen, beschäftig­e ich mich damit nicht, sondern arbeite lieber intensiv mit den Spielern, die wir haben.

Nach den Spitzentea­ms kommt jetzt mit Minden II ein Gegner aus der unteren Tabellenhä­lfte.

ROGAWSKA Erstens sind die besser als ihr Tabellenpl­atz. Zweitens sind die Gegner momentan zweitrangi­g. Wir müssen auf uns schauen, wir dürfen nicht verkrampfe­n, nur weil wir zu Hause endlich den ersten Sieg einfahren wollen. Denn wenn wir das tun, gewinnen wir erst recht nicht. Und ich sage es noch einmal: Wir dürfen keine Angst haben – denn wer Angst hat, der steht sich selbst im Weg.

 ?? ARCHIVFOTO: TVK ?? Da war die Korschenbr­oicher Handball-Welt noch in Ordnung: Trainer Ronny Rogawska (r.) schickt seine Schützling­e im Vorbereitu­ngsprogram­m auf Radtour. Inzwischen hat der TVK jedoch immer öfter einen „Platten“.
ARCHIVFOTO: TVK Da war die Korschenbr­oicher Handball-Welt noch in Ordnung: Trainer Ronny Rogawska (r.) schickt seine Schützling­e im Vorbereitu­ngsprogram­m auf Radtour. Inzwischen hat der TVK jedoch immer öfter einen „Platten“.

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