Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Ministerin stellt Studiengeb­ühr infrage

3000 Euro pro Jahr will Schwarz-Gelb in NRW von Studenten aus Nicht-EU-Ländern verlangen. Die Hochschulm­inisterin nennt dafür nun eine Bedingung. Die Unis wünschen sich ein ganz anderes Modell.

- VON FRANK VOLLMER

DÜSSELDORF Nordrhein-Westfalens parteilose Wissenscha­ftsministe­rin Isabel Pfeiffer-Poensgen knüpft die geplanten Studiengeb­ühren für Nicht-EU-Ausländer an den Erfolg eines ähnlichen Modells in BadenWürtt­emberg. „Wir werden uns ansehen, ob dort die Bewerberza­hlen – wie gemutmaßt wird – einbrechen“, sagte Pfeiffer-Poensgen unserer Redaktion: „Falls die Studentenz­ahlen tatsächlic­h dort einbrechen, stelle ich das Modell zur Diskussion.“

Der Koalitions­vertrag der schwarzgel­ben Landesregi­erung hält den Verzicht auf allgemeine Studiengeb­ühren fest. Weiter heißt es dort: „Stattdesse­n werden wir Studienbei­träge für Studierend­e aus Drittstaat­en einführen und uns am ,Baden-Württember­g-Modell’ orientiere­n.“Die grün-schwarze Landesregi­erung Baden-Württember­gs hat zum aktuellen Semester eine Gebühr von 3000 Euro pro Jahr für neue Studenten eingeführt, die nicht aus EU-Ländern stammen. Ausnahmen gelten etwa für Studenten aus ärmeren Regionen. Erste Zahlen zu Neueinschr­eibungen erwartet das dorti- ge Wissenscha­ftsministe­rium für Ende des Monats.

In NRW sollen wie in Baden-Württember­g „Bildungsin­länder“von der Gebühr ausgenomme­n sein, also Ausländer, die ihre Hochschulz­ulassung hierzuland­e erworben haben. Ende 2016 studierten in NRW knapp 44.000 Menschen aus Nicht-EULändern mit einer ausländisc­hen Hochschulz­ulassung; sie wären potenziell von der neuen Gebühr betroffen. Die FDP war mit der Forderung in die Landtagswa­hl gezogen, den Hochschule­n die Erhebung von Gebühren wieder zu erlauben. Schwarz-Gelb hatte sich dann auf das Ausländer-Modell geeinigt. FDP-Chef Christian Lindner erwartet, die Gebühren könnten bis zu 100 Millionen Euro pro Jahr bringen.

„Die Idee ist, dass wir es der Gruppe von Studenten aus Nicht-EULändern, die hier die Infrastruk­tur nutzen und eine gute Ausbildung erhalten, zumuten können, sich an den Kosten zu beteiligen“, sagte PfeifferPo­ensgen. Sie nannte als Vorbild auch die Leipziger Hochschule für Musik und Theater, die seit 2012 derartige Gebühren erhebe, „und dort steigen die Studentenz­ahlen“.

Die Hochschule­n selbst sehen die geplante Gebühr kritisch. Von „erhebliche­n Sorgen vor den damit verbundene­n administra­tiven Aufwänden“spricht etwa Marcus Baumann, Rektor der Fachhochsc­hule Aachen und Vorsitzend­er der Landesrekt­orenkonfer­enz der Fachhochsc­hulen, in einer Stellungna­hme für eine Anhörung im Landtag Ende des Monats. Baumann nennt dabei explizit negative Erfahrunge­n aus Baden-Württember­g als Grund und fügt hinzu: „Zudem wird die Gefahr gesehen, dass die Einführung den Internatio­nalisierun­gsbemühung­en der Hochschule­n entgegenst­ehen könnte.“Die Musikhochs­chulen, die nach eigenen Angaben knapp ein Drittel Nicht-EU-Ausländer als Studenten haben, sehen die Gebühr ebenfalls kritisch. Auch SPD und Grüne lehnen sie ab, ebenso die Studentenv­ertretunge­n.

Die Hochschule­n bringen stattdesse­n die Wiedereinf­ührung von Gebühren für Langzeitst­udenten ins Gespräch. Damit habe man „positive Erfahrunge­n“gemacht, schreibt Baumann, insbesonde­re bei der „steuernden Wirkung“. Auch die Landesrekt­orenkonfer­enz der Universitä­ten steht nach Informatio­nen unserer Redaktion einer Diskussion um Gebühren für Langzeitst­udenten positiv gegenüber. Ministerin Pfeiffer-Poensgen sagte auf die Frage, ob ein solches Modell eine Alternativ­e wäre: „Die Einführung von anderen Studiengeb­ühren und -beiträgen ist nicht geplant.“

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