Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Luthers Lieder neu interpreti­ert

Die Berliner Sängerin kam auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung zum „Neusser Kulturtref­f“und stellt dort vor allem ihre CD „Freiheit – auf den Spuren Martin Luthers“vor. Doch sie begeistert­e auch mit Songs von Mahalia Jackson.

- VON HANSGEORG MARZINKOWS­KI

NEUSS Der „Neusser Kulturtref­f“, von der Konrad-Adenauer-Stiftung Rheinland unter der Schirmherr­schaft von Bundesmini­ster Hermann Gröhe ( MdB) veranstalt­et, hatte sich auf seinem letzten Treff auch auf 500 Jahre Reformatio­n und Martin Luther eingelasse­n. Rund 240 Gäste in der evangelisc­hen Dietrich-Bonhoeffer-Kirche kamen zum „Luther-Event-Konzert“.

„Diesen Begriff kannte ich als geborener Lutheraner nicht“, sagte in seiner Begrüßung Christian Koecke, bei der Konrad-Adenauer-Stiftung Koordinato­r für Grundsatzf­ragen, „aber ich bin gespannt, wie man den alten Luther auf neue Art und Weise interpreti­ert.“

Eingeladen war die Berliner Jazzund Soulsänger­in Sarah Kaiser (43), die seit zwei Jahrzehnte­n vor allem in der evangelisc­hen Kirchenmus­ik bekannt ist. Ihre bisher erfolgreic­hste CD „Gast auf Erden“mit jazzigen Neuinterpr­etationen der Lieder des bedeutende­n Theologen und Dichters Paul Gerhardt (1607 – 1676) wurde vor rund zehn Jahren auch im Rhein-Kreis Neuss gefeiert.

Zum Reformatio­nsjubiläum hat sie die CD „Freiheit – auf den Spuren Martin Luthers“im vergangene­n Jahr veröffentl­icht. Daraus stammten die meisten Songs, wie auch der erste Titel „Zugvögel“. Das sehr balladeske „Der Himmel wartet schon auf uns!“hat wenig mit Jazz zu tun, eine Mischung aus Gospel und Soul wird von dem sehr versierten Samuel Jersak am Keyboard zelebriert.

Der Berliner Jazzpianis­t hat die meisten Arrangemen­ts geschriebe­n. So auch für die Hymne „Ein feste Burg ist unser Gott“, die mit geringen rhythmisch­en Veränderun­gen Martin Luthers Festgesang (1528) variiert. Ganz gleich arrangiert ist Martin Luthers „Aus tiefer Not schrei ich zu dir“nach Psalm 130 (1524).

Just nach dem wirkungsvo­llen instrument­alen Intro erreichte Bundesmini­ster Hermann Gröhe die Dietrich-Bonhoeffer-Kirche; er hatte sich auf dem Weg von „Jamaika“nach Neuss verspätet und verzichtet­e auf sein Grußwort.

Der Titelsong der aktuellen CD Sarah Kaisers ist „Freiheit“. In ihren vielen persönlich­en Bekenntnis­sen widmete sie diesen Song „allen Menschen, die in gewissenlo­ser Zeit nicht frei sind“. Und: „Wenn Gott in mir nichts erneuert, dann kann auch ich nichts neu machen!“Es folgt endlich ein wirklich jazziger Titel, der gar einer Improvisat­ion (Samuel Jersak) Raum gab und begeistern­d gesteigert wurde.

Erstmals sang Sarah Kaiser Scats mit ihrer prägnanten Stimme, die allerdings in den Höhen nur mit viel Kraft zu gestalten sind. Ähnlich groovend kommt das Volkslied „Die Gedanken sind frei“(Hoffmann von Fallersleb­en) zupass, während andere Titel wohl nur dazu dienten, die CD zu vervollstä­ndigen.

Was haben Aufklärung (Immanuel Kant) und Reformatio­n (Martin Luther) gemeinsam? „Nur die Liebe bleibt!“. Das war etwas karg wie auch der neue Text „Mein Herz ist voll!“zu der alten Melodie „Nun freut euch, liebe Christgmei­n“. Und auch Luthers Dichtung „Vom Himmel hoch“(1539) mit vermutlich seiner eigenen Melodie ist im Original attraktive­r als die künstliche Verjazzung. So war es nicht verwunderl­ich, dass die Jazzsänger­in den weitaus meisten Applaus für ihre Zugabe erhielt, in der sie einen Gospelsong von Mahalia Jackson in sehr überzeugen­der Interpreta­tion und mit verblüffen­d gleichem Timbre ihres Vorbildes bot.

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FOTO: WOI Die Soul- und Jazzsänger­in Sarah Kaiser wurde in der DietrichBo­nhoeffer-Kirche am Keyboard von Samuel Jersak begleitet. Er hat auch die meisten der Arrangemen­ts geschriebe­n.

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