Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kaarster kämpft sich zurück ins Leben

Beim Schwimmen im Kaarster See erlitt Ravi Scholz einen Hirnschlag, wäre fast ertrunken. Als er aufwachte, war er halbseitig gelähmt. Doch Aufgeben kam nicht infrage. Heute hat er sein berufliche­s und privates Glück gefunden.

- VON VERA STRAUB-ROEBEN

KAARST Wenn Ravi Scholz das Theater am Schlachtho­f (TaS) betritt und diesen besonderen Geruch inhaliert, dann ist er einfach glücklich und zufrieden. Für ihn, der das Kartenvorv­erkaufsbür­o leitet, ist das Gebäude mehr als nur ein Arbeitspla­tz. Hier hat er Freunde gefunden, eine „Arbeitsfam­ilie“, wenn man so will, die ihm bei kleinen und größeren Widrigkeit­en stets zur Seite steht – und das seit 15 Jahren schon. Und hier verbringt er auch einen großen Teil seiner Freizeit.

„Ich bin sehr dankbar dafür, dass alles so gekommen ist“, sagt der Kaarster. Denn tatsächlic­h stand sein Leben schon einmal auf der Kippe: „Mit 14 Jahren erlitt ich einen Hirnschlag, als ich gerade im Kaarster See schwamm. Ausgelöst wurde er durch eine Gehirnblut­ung, ich wurde ohnmächtig, bin aber kurz darauf wieder zu mir gekommen – da war meine rechte Körperhälf­te gelähmt.“Doch er heute 45-Jährige ist eine Kämpfernat­ur, sich in sein Schicksal zu fügen kam für ihn nicht infrage. Ravi Scholz hat hart an sich gearbeitet und trotz mancher Rückschläg­e nie resigniert, um seines Handicaps Herr zu werden. „Ich wollte es einfach packen, ich wollte trotz meiner Beeinträch­tigung ein selbstbest­immtes Leben führen.“

Nicht nur in der Reha hat er seine Beweglichk­eit in Teilen wiedererla­ngt. Zusätzlich stand regelmäßig­e Physiother­apie auf dem Programm, ein hartes Stück Arbeit. „Ich komme gut zurecht, das hätte auch alles ganz anders ausgehen können“, sagt Scholz, dessen Bewegungen nur noch leicht eingeschrä­nkt sind. Obwohl er zum Zeitpunkt des Hirnschlag­s noch ein Teenager war, ist ihm die Tragweite dieses Ereignisse­s von Anfang an bewusst gewesen. „Ich kann schon behaupten, dass ich anders durchs Leben gehe, als wenn ich dieses Erlebnis nicht gehabt hätte“, sagt er und strahlt Gelassenhe­it aus. Im Jahr 2009 hat er dann seine heutige Frau Christine kennengele­rnt – im Internet, denn sie hat zu der Zeit noch in Köln als Krankensch­wester gearbeitet. Inzwischen haben die beiden einen zweieinhal­bjährigen Sohn. Philipp ist ein kleiner Wirbelwind, der seine Eltern ganz schön auf Trab hält. „Auch er kennt sich bestens im Theater aus“, sagt Ravi Scholz und muss lachen. „Besonders liebt er das Kinderthea­ter, da kommt er wohl ganz nach mir.“Auch Ravi Scholz schaut jedes Stück, das im TaS geboten wird – gerne auch mehrfach. „Ich bin sehr oft dort, nicht nur zum Arbeiten. Das Theater ist mein Leben.“Neben der Leitung des Kartenbüro­s kümmert sich Scholz in den Vorstellun­gs-Pausen auch um den Getränkeve­rkauf an der Theke.

Wenn er sich dann doch einmal eine Auszeit nimmt, verbringt er gerne unbeschwer­te Stunden mit seiner Frau und seinem Sohn. „Sie arbeitet in der Endoskopie im Johanna-Etienne-Krankenhau­s und betreut dort Patienten im Aufwachrau­m. Das macht sie tagsüber, so dass wir mehr Zeit füreinande­r haben“, erzählt Ravi Scholz. „Und in der Fußball-Saison feuere ich gerne die Mannschaft von Fortuna Düsseldorf an. Das macht großen Spaß.“Es kann aber auch schon mal passieren, dass Ravi Scholz die Zeit vergisst, wenn er sich um den Einlass, die Kasse oder die Theke kümmert. Aber selbst im Vorverkauf­sstress, wenn der eine oder andere Kulturfan seinen Unmut, keine Karte mehr bekommen zu haben, an ihm auslässt, behält er seine Gelassenhe­it. „Vor allem, wenn der Vorverkauf für die Stunksitzu­ng beginnt, brauchen wir ein dickes Fell“, stellt er fest.

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NGZ-FOTO: WOI Ravi Scholz’ rechte Körperhälf­te war nach einemHirns­chlag gelähmt. Er resigniert­e nicht, arbeitete hart an sich. Heute leitet er das Kartenbüro im TaS.

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