Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
195 Länder wollen in Bonn die Welt retten
Ohne die USA wollen die UN-Staaten das Pariser Klimaschutzabkommen zum Erfolg machen. Die Grünen kommen den Jamaika-Partnern in Berlin beim Klimaschutz entgegen.
BONN Auch nach dem Ausstieg der USA aus dem Klimaschutzabkommen von Paris suchen die übrigen Staaten der Erde weiterhin nach Lösungen, um die drohende Erderwärmung mit ihren schädlichen Folgen zu mildern. Auf der Weltklimakonferenz in Bonn, die gestern in der früheren Bundeshauptstadt eröffnet wurde, wollen sie in den nächsten beiden Wochen Regeln erarbeiten, wie die einzelnen Länder ihren CO2-Ausstoß messen sollen. Zu verbindlichen Minderungszielen hatten sich die Länder in Paris 2015 verbindlich verpflichtet. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) warnte davor, bei der Umsetzung der Klimaziele zu tricksen. UN-Klimachefin Patricia Espinosa mahnte: „Wir müssen jetzt handeln!“
Das Treffen mit 25.000 Teilnehmern aus 195 Ländern gilt auch als wichtiger Gradmesser dafür, ob der Geist von Paris nach der Ausstiegsentscheidung von US-Präsident Donald Trump noch lebendig ist. Trump hatte im Sommer die Aufkündigung des Klimaschutzabkommens durch die Vereinigten Staaten beschlossen. Der Ausstieg kann aber erst 2020 vollzogen werden.
Die wissenschaftlichen Belege dafür, dass sich die Erdatmosphäre erwärmt, sind erdrückend. Amerikanische Klimaforscher hatten vor der Konferenz erklärt, in über 1200 Studien sei der Anstieg durch menschliche Einwirkung belegt. Im jüngsten Klimareport von 13 US-Behörden wird der größte Teil der Erderwärmung als von Menschenhand verursacht angesehen. Nach einer gestern veröffentlichten Studie der Weltwetterorganisation WMO wird 2017 zu den drei heißesten bisher gemessenen Jahren gehören.
Deutschland, der „technische Gastgeber“der Konferenz, will seine Finanzhilfen für die vom Klimawandel besonders bedrohten Inselstaaten verstärken. Die Bundesrepublik werde 50 Millionen Euro in den UNAnpassungsfonds einzahlen, kündigte Ministerin Hendricks an. Das Entwicklungsministerium stellte ebenfalls 50 Millionen Euro für den Fonds der am wenigsten entwickelten Länder bereit. Die deutschen Zusagen in Höhe von insgesamt 100 Millionen Euro direkt am ersten Tag der Konferenz fanden viel Beifall.
Der Bund will den TreibhausgasAusstoß bis 2020 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 senken, bisher gehen die Emissionen dafür aber zu langsam zurück. „Nur wenn Angela Merkel in Bonn handfeste Schritte präsentiert, kann die Kanzlerin einer internationalen Blamage entge- hen“, kritisierte der GreenpeaceKlimaexperte Karsten Smid.
Die Klimadebatte ist auch ein großer Streitpunkt in den Jamaika-Sondierungen von CDU/CSU, FDP und Grünen. Aus Sicht der Grünen muss es in Berlin beim Klimaschutz klare Ergebnisse geben. „Da Deutschland Gastgeber ist, muss nicht nur die amtierende Regierung ihr Bekenntnis zu den Klimazielen bekräftigen, sondern auch die Jamaika-Sondierer sollten beim Klimaschutz sichtbar und effektiv etwas voranbringen“, sagte Grünen-Parteichefin Simone Peter unserer Redaktion.
Die Grünen gaben in den strittigen Klimaschutz-Verhandlungen ein erstes Signal der Annäherung: Sie beharren nicht länger darauf, in einer Koalitionsvereinbarung das Ende des Verbrennungsmotors für das Jahr 2030 festzuschreiben. „Mir ist klar, dass wir alleine nicht das Enddatum 2030 durchsetzen werden können“, sagte Parteichef Cem Özdemir der „Stuttgarter Zeitung“und den „Stuttgarter Nachrichten“. Auch bei der Forderung nach dem Kohle-Ausstieg bewegen sich die Grünen: „Für uns kommt es nicht darauf an, ob das letzte Kohlekraftwerk 2030 oder 2032 vom Netz geht. Da sind wir pragmatisch. Entscheidend ist die CO2-Emissionsminderung“, sagte Simone Peter. Bisher Um bis zu 66 Meter könnte der Meeresspiegel ansteigen, wenn die vom Menschen verursachten Klimaveränderungen in den kommenden Jahren ungebremst ihre volle Wirkung entfalten. Städte wie Hamburg, Berlin oder London, auch die gesamten Niederlande lägen unter Wasser. Dortmund wäre Küstenstadt. Das zeigen die rotschraffierten Flächen auf der wohlgemerkt erst in Tausenden von Jahren ein. Er wäre allerdings der Endpunkt dieser Entwicklung, wie der Geologische Dienst der USA errechnet hat. hatten die Grünen noch gefordert, die 20 schmutzigsten Kohlekraftwerke sofort abzuschalten.
Die FDP nutzte die Klimakonferenz, um sich Luft bei den JamaikaSondierungen zu verschaffen. Es könne für das gleiche Geld mehr für das Klima erreicht werden, wenn Deutschland in der Entwicklungshilfe mehr auf Klimaschutz setze. Das werde er in die Gespräche über eine Koalition einbringen, sagte FDPChef Christian Lindner. Am Abend kam das Thema auch bei einer Spitzenrunde der vier Parteichefs zur Sprache.
Mit Material von dpa