Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss
Fortunas neuer Peter Hermann
Seit Oktober ist Thomas Kleine Düsseldorfs Co-Trainer. Für den 39-Jährigen kam der Job so unverhofft wie die eigene Profi-Karriere.
DÜSSELDORF Die Trainingseinheit ist beendet. Nach und nach kommen die Profis von Fortuna Düsseldorf aus der Umkleide an der EspritArena. Geduscht, gestylt, gepflegt. Einige tragen Hemden, neueste Sneaker und Gel in den Haaren. Der Co-Trainer verlässt die Kabine als einer der letzten: grauer Hoodie, zerrissene Jeans und bunte Laufschuhe. Kein Haargel. Sonderlich eitel ist Thomas Kleine (39) nicht. Das war er ja auch als Spieler nie.
Die Pokal-Niederlage der Fortuna gegen Borussia Mönchengladbach liegt schon einige Tage zurück. Es war die erste Pleite für Kleine als CoTrainer der Fortuna. Flutlicht an jenem Dienstagabend, ausverkaufte Arena. Nach 90 Minuten Fußballkampf steht es 0:1. Gehadert habe er nicht, sagt Kleine. Man habe ein gutes Spiel geliefert. Man könne zu- frieden sein. Das Pronomen „man“nutzt der ehemalige Abwehrspieler auffallend häufig. Insbesondere dann, wenn er nicht auf eigenen Gedanken eingehen will. Irgendwie passt das zu dem gebürtigen Wermelskirchener: Kleine ist eine nüchterne Figur im Fußballzirkus, auf dessen Bühne eigentlich nie ein Platz für ihn vorgesehen war.
Mit dem Fußballspielen begann Kleine in der Jugend des SV Wermelskirchen. 1998 wechselte er in die zweite Mannschaft von Bayer Leverkusen. Ausgerechnet Peter Hermann formte ihn damals zum Profi. Fortunas ehemaliger Co-Trainer Hermann, der Anfang Oktober für 1,75 Millionen Euro zum FC Bayern wechselte, investierte Zeit und Nerven in den jungen Kleine. Allein die Extra-Einheiten mit Hermann, den er als Ziehvater und Vorbild bezeichnet, verhalfen ihm 2001 zum unverhofften Profi-Debüt. „Als Spieler habe ich selten an mir gezweifelt“, sagt Kleine heute, „weil ich eigentlich die Voraussetzungen gar nicht hatte, Profi-Fußballer zu werden.“
Die Lehre zum Heizungsbauer schloss Kleine nebenher ab, pendelte zwischen Baustelle und Fußballplatz. „Ich war sehr ehrgeizig. Darum wusste ich es immer zu schät- zen, Profi-Fußballer zu sein.“Mit Leverkusen wurde Kleine 2002 VizeMeister, saß beim Champions-League-Finale gegen Real Madrid (0:1) auf der Bank.
Ab 2003 spielte er für den Zweitligisten Greuther Fürth. Immer wieder verfehlten die Fürther knapp den Aufstieg, Kleine suchte bei Hannover 96 eine neue Herausforde- rung. Die aber stellte sich nach einem halben Jahr als Missverständnis heraus. Kleine wechselte zu Borussia Mönchengladbach. 2008 stieg die Borussia in die Bundesliga auf. Kleine kam auf acht Einsätze. Immerhin. Die Teamkollegen feierten ausgiebig: Einige rasierten sich eine Glatze – auch Sascha Rösler, heute Fortunas Teammanager. Kleines Haare? Die blieben dran. „Thommy war immer ein Teamleader“, sagt Rösler. „Er wirkt ruhig, er kann sich bei Konflikten aber auch durchsetzen.“Wie hart Kleine im Nehmen sei, zeige allein schon, wie häufig er mit Nasenbeinbruch auf dem Platz stand. Nach weiteren fünf Jahren in Fürth beendete Kleine 2015 seine aktive Karriere – und wurde Co-Trainer der Amateure.
Von Klaus Toppmöller bis Mike Büskens: Kleine hat viele Trainertypen kennengelernt. Und von jedem habe er etwas mitgenommen, sagt er: Peter Hermanns Einstellung, für den Job zu leben, die Erfahrung von Borussias-Trainerlegende Hans Meyer oder die imponierende Ruhe des Benno Möhlmann. Es gebe auch Dinge, die er anders machen will: „Man sollte bei Entscheidungen nie persönlich gegenüber Spielern werden“, sagt Kleine. Und Ruhe auch in Phasen des Misserfolgs bewahren.
Nachdem die Bayern Peter Hermann verpflichtet hatten, ging alles ganz schnell. Zum zweiten Mal hatte Kleine das Glück, zur richtigen Zeit auf dem richtigen Rasen zu stehen. Die Trainer-A-Lizenz hat er abgelegt. Derzeit steht die Fußballlehrer-Ausbildung an, die zum Job bei den Profis berechtigt. Im März ist Abschlussprüfung. Drei Monate später wird er wissen, ob und wie es bei Fortuna weitergeht. Unabhängig davon hat Kleine ein klares Ziel vor Augen: „Ich will an mir arbeiten und mich weiterentwickeln.“