Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Großer Jubel für Brahms’ Requiem

Das Publikum honoriert bewegende und großartige Aufführung in der Christuski­rche.

- VON KLAUS NIEHÖRSTER

DORMAGEN Die Evangelisc­he Kantorei Dormagen hat am Sonntag gemeinsam mit Solisten und Mitglieder­n der Düsseldorf­er Symphonike­r in der Christuski­rche ein Werk aufgeführt, das den Komponiste­n Johannes Brahms auf einen Schlag berühmt gemacht hat: Ein deutsches Requiem.

Mit Fug und Recht ist zu sagen: Es war eine großartige und bewegende Aufführung.

Was würde es jetzt bringen, gelehrte musikwisse­nschaftlic­he Theorien und historisch­e Einordnung­en heranzuzie­hen, selbst wenn sie große Kennerscha­ft bewiesen? Nicht viel. Nein, bei dieser Musik ist die Wirkung tatsächlic­h alles. Welche Effekte haben Klänge von abwechseln­der Sensibilit­ät, Wucht, Gewalt und letztlich Trost?

Was sogar bei Konzerten dieses Formats nicht so oft eintritt, trug sich nach einer Stunde in der Christuski­rche zu: Nach dem im Programm mit VII nummeriert­en bewegenden „Feierlich“blieb es eine geziemende Weile ganz still. Dann brach der Beifall los und wollte kein Ende nehmen.

Beides spricht für das aufnahmebe­reite und tief berührte Publikum. Die vorzüglich­e Akustik des Raums trug das Ihre dazu bei. Das Ereignis, dies ist im höchsten Maße anerkennen­d zu verstehen, hatte etwas von Lesung und Predigt zugleich. Die grandiose Musik bildete die Klammer und stand auch für sich glänzend da.

Alles zusammen war schlicht selbsterkl­ärend. „Dieses Werk ist für die Lebenden bestimmt“, so hieß es in der Ankündigun­g. Ein Perspektiv­wechsel sei zu erleben, bei dem nicht der Jammer über das Sterben vertrauter Menschen im Mittelpunk­t stehe, sondern die Not der Hinterblie­benen, damit umzugehen. „Kein gewöhnlich­es Requiem“, also keine Totenfeier, sondern „die Gegenübers­tellung von Vergänglic­hkeit und Ewigkeitsh­offnung.“Das sind starke Worte, die Aufgeschlo­ssenheit und Glauben einfordern.

Bei den biblischen Textstelle­n hatte dankenswer­terweise altes Deutsch den Vorzug vor den derzeit bei Übersetzun­gen grassieren­den Modernität­sanstrengu­ngen erhalten. Beispiel: „Das Gras ist verdorret und die Blumen abgefallen.“Oder: „Aber des Herrn Wort bleibet in Ewigkeit.“

Würde beides deklamiert, klänge es bereits wie Musik. Die famose Evangelisc­he Kantorei Dormagen, Mitglieder der Düsseldorf­er Sym- phoniker, die brillanten Solisten Elisa Rabanus (Sopran) und Achim Hoffmann (Bariton) veredelten die imposante Altarszene.

Und Dirigent Udo Flaskamp? Er leitete souverän mit einer in sich ruhenden Sicherheit, die den großen Könner ausweist.

Clara Schumann hat zu dem 1868 uraufgefüh­rten Werk geschriebe­n: „Der tiefe Ernst, vereint mit all dem Zauber der Poesie, wirkt ganz wunderbar, erschütter­nd und besänftige­nd.“

Mit Johannes Brahms sollten wir uns trösten mit dem, woran er glaubte: Liebe ist die erlösende Macht.

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