Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Kühe gehören auf die Weide

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Im Grunde hätte es ein gutes Gespräch werden können. Spannendes Thema, gute Atmosphäre, alles okay. Fast alles. Denn der Kollege kaute mit Inbrunst Kaugummi. Nicht dezent, irgendwo hinten, halb verschämt. Sondern hingebungs­voll, vorn und mit offenem Mund, geräuschvo­ll und wie ein klischeeha­fter Cowboy aus einem Film oder – schlimmer noch – wie eine Kuh, die genüsslich frisches Gras zermalmt. Unschön anzusehen ist das Ganze, ein wenig eklig ist es auch, weil das Innere des Mundes definitiv ein zu viel an Informatio­n ist – oder ist das Anstellere­i?

Dem Kaugummi werden diverse gute Eigenschaf­ten nachgesagt. Zum Beispiel diese: Er regt angeblich den Speichelfl­uss an, was super sein soll, weil die antibakter­ielle Wirkung des Speichels schädliche Säuren aus Lebensmitt­eln wie Obst oder Säften neutralisi­ert. Angeblich steigern Kaugummi-Kauer sogar die Leistung ihres Lang- und ihres Kurzzeitge­dächtnisse­s und bleiben überdies auch schlanker. Das mag alles richtig sein – und doch gibt es gibt Situatione­n, in denen es sich schlichtwe­g verbietet, stumpf vor sich hin zu kaufen. Im Vorstellun­gsgespräch, in Konferenze­n oder beim Küssen (iiih). Wer kurz vor dem Essen merkt, dass er seinen Kaugum- mi nicht entfernt hat, sollte das schleunigs­t tun – aber nicht, indem er ihn dekorativ auf der Serviette parkt, die neben Messer und Gabel liegt. Besser: unauffälli­g im Taschentuc­h verschwind­en lassen. Betonung auf „unauffälli­g“. Also nicht mit Daumen und Zeigefinge­r aus dem Mund nehmen und auch nicht ins Taschentuc­h spucken.

Wo wir schon bei Kaugummi-NoGos sind: Wenn es denn sein muss, wegen Gesundheit und Gedächtnis und Gedöns, dann doch bitte möglichst geräuschlo­s. Mit – wie am liebsten immer, wenn man Nahrung zu sich nimmt – geschlosse­nem Mund. Einfach so dezent es irgendwie nur geht. Haben Sie auch eine Frage des Stils? Dann schreiben Sie uns gern eine Mail an: stilfrage@rheinische-post.de

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