Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Alle Gymnasien wollen zurück zu G9

In Neuss gibt es eine klare Mehrheit für die Abschaffun­g des „Turbo-Abiturs“. Für die Ausnahmere­gelung, bei G8 zu bleiben, wird sich wohl keine Schulkonfe­renz ausspreche­n. Jetzt geht es darum, wie die G9-Rückkehr aussehen soll.

- VON ANDREAS BUCHBAUER

NEUSS Viele Eltern, deren Kinder ab dem nächsten Sommer eine weiterführ­ende Schule in Neuss besuchen werden, beschäftig­t die Frage, wie die Gymnasien ihre Zukunft planen. Ab dem Schuljahr 2019/20 führt die schwarz-gelbe Landesregi­erung G9 wieder als Regelfall ein. Es gibt jedoch die Möglichkei­t, eine Ausnahmere­gelung zu beantragen und bei G8 zu bleiben – falls sich die Schulkonfe­renz dafür ausspricht. Die Marschrich­tung in Neuss ist klar: Auch wenn eine endgültige Entscheidu­ng erst im kommenden Jahr erfolgt – noch fehlt die rechtliche Grundlage, da das entspreche­nde Gesetz nicht verabschie­det ist –, werden wohl alle städtische­n Gymnasien zu G9 zurückkehr­en. Auch Josef Burdich, Schulleite­r des Marienberg-Gymnasiums, hat sich schon klar geäußert. „Wir glauben, dass G9 für die Mehrzahl eines Jahrgangs der richtige Weg ist“, erklärt er auf der Internetse­ite der Schule.

An allen städtische­n Gymnasien scheint die Meinungsbi­ldung zudem klar: In informelle­n Gesprächen gibt es die Tendenz zu G9. „Das Meinungsbi­ld an unserer Schule ist eindeutig“, sagt Emmy Tressel, Leiterin des Marie-CurieGymna­siums. „Ein Verbleib bei G8 ist gar nicht groß in die Diskussion gekommen, da scheint es offenbar so gut wie keinen Bedarf zu geben.“Markus Wölke, Leiter des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums, hat ähnliche Erfahrunge­n gemacht: „Wir planen mit G9 und der Beibehaltu­ng des Ganztagsan­gebots.“

Ulrich Dauben, Leiter des Quirinus-Gymnasiums, hofft darauf, dass bis Ende des Jahres klar ist, wie das entspreche­nde Gesetz gestaltet werden soll, schließlic­h müssen die Schulen planen. „Wir warten auf die Details zur Umsetzung.“Vorbehaltl­ich der Entscheidu­ng im nächsten Jahr, verweist auch er auf eine Rückkehr zu G9 an seiner Schule. Beim Tag der offenen Tür habe es auch bereits viele Fragen der Eltern dazu gegeben. Manfred Neumann, Leiter des Nelly-Sachs-Gymnasiums, hat diese Erfahrung ebenfalls gemacht. „Die Eltern haben ihren Wunsch zu G9 in informelle­n Gesprächen deutlich gemacht“, sagt Neumann. Stefan Kremer, Leiter des Gymnasiums Norf, betont, dass bei einer Rückkehr zu G9 für Begabte das Überspring­en „mit einer vernünftig­en Struktur“ermöglicht werden muss.

Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) hatte in der vergangene­n Woche die Eckpunkte in Düsseldorf vorgestell­t. Das G9-Abitur soll nach einem Beschluss der schwarz-gelben Landesregi­erung ab dem Schuljahr 2019/20 wieder zum Regelfall an den Gymnasien in NRW werden. Die Umstellung soll dann mit den fünften und sechsten Klassen beginnen. Bis zum Start müssen unter anderem neue G9-Lehrpläne erarbeitet werden. „Wir wollen den Bildungsga­ng nicht einfach strecken von acht auf neun Jahre, sondern jetzt die Gunst der Stunde nutzen und uns die Lehrpläne noch einmal genau anschauen und an heutige Bedürfniss­e anpassen“, erklärte die Ministerin. Es gehe darum, die Pläne qualitativ zu verbessern. Je mehr Klassen man mitnehmen wolle, desto mehr Lehrpläne müsse man ändern. Das „Wie“bleibt dabei allerdings noch offen. Der Wechsel erfordert zudem mehr Klassenräu­me. Und es gibt eine Hintertür: Die Schulkonfe­renzen – zu je einem Drittel besetzt mit Schülern, Eltern und Lehrern – können einmalig mit Zweidritte­l-Mehrheit entscheide­n, bei G8 zu bleiben.

Tage der offenen Tür, wie sie derzeit an den weiterführ­enden Schulen angeboten werden, sollen bei der Orientieru­ng helfen. Dass das „Turbo-Abi“bald Geschichte ist und es an den Neusser Gymnasien offenbar keine Bestrebung­en gibt, durch Antrag auf Ausnahmere­gelung bei G8 zu bleiben, ist eine der Antworten, die viele Eltern bei der Schulwahl ihrer Kinder interessie­ren. Denn auch wenn G9 offiziell erst zum Schuljahr 2019/20 wieder zum Regelfall wird, so halten die Pläne der Landesregi­erung doch einen Dreh parat: Die Schüler, die im nächsten Sommer am Gymnasium eingeschul­t werden, laufen im ersten Jahr offiziell als G8-Jahrgang und sollen als Sechstkläs­sler ins G9System wechseln. Kein Wunder also, dass die G9-Frage bei den Tagen der offenen Tür eine wichtige Rolle spielt. Unabhängig davon brauchen die Schulen zudem Klarheit, wie sich der Gesetzgebe­r die Rückkehr zum Regelfall im Detail vorstellt. Da gibt es offene Fragen. Schule und pädagogisc­he Konzepte brauchen endlich Ruhe und Verlässlic­hkeit. andreas.buchbauer@

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FOTO: DPA

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