Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

„FDP-Politiker sind Egoshooter“

Reaktionen aus dem Rhein-Kreis Neuss zur geplatzten Jamaika-Koalition.

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RHEIN-KREIS (-nau, -wi, schum, cso) Die Enttäuschu­ng war Bundesgesu­ndheitsmin­ister Hermann Gröhe anzuhören – aber auch der Trotz: Die Möglichkei­t, in vielen Sachgebiet­en einen Kompromiss zu finden, sei zum Greifen nahe gewesen, sagt der CDU-Politiker nach dem Scheitern der Sondierung­sgespräche auf Bundeseben­e. Er sieht nun die Union gefordert, ein Stabilität­sanker zu sein. „Gerade jetzt, wo sich andere vom Acker machen.“

In der Nacht zum Montag waren die Sondierung­sgespräche, die zur ersten Jamaika-Koalition von CDU/ CSU, FDP und Grünen hätten führen sollen, von den Liberalen abgebroche­n worden. Für den Korschenbr­oicher Bundestags­abgeordnet­en Ansgar Heveling (CDU) kam dieser Rückzug überrasche­nd. „Ich hatte den Eindruck, man ist in vielen Punkten kompromiss­bereit“, sagte er – und kann das auch begründen: „Die FDP hat ihre selbstgest­eckte Zeitgrenze überschrit­ten, das macht man nicht, wenn man die Verhandlun­gen für aussichtsl­os hält.“Auch wenn Heveling von einer „schwierige­n Situation“in Berlin spricht, hält er den Ruf nach Neuwahlen für voreilig. „Das wäre für mich die aller-, allerletzt­e Opti- on.“Eine Minderheit­sregierung hält Heveling für äußerst schwierig.

Dass es zu Neuwahlen kommen wird, glaubt dagegen Bürgermeis­ter Reiner Breuer (SPD). Er kenne den FDP-Vorsitzend­en Christian Lindner noch aus dem Landtag, sagt Breuer. „Und wenn das alles nicht nur ein grandioses Schauspiel ist, rechne ich mit Neuwahlen.“Dass sich die SPD auch gestern gegen die Fortsetzun­g einer großen Koalition ausgesproc­hen hat, findet Breuer konsequent: „Die große Koalition ist vom Wähler nicht gewollt“, sagt er mit Blick auf das Ergebnis der Wahl im September. Das sieht auch der SPD-Kreisvorsi­tzende und Bundestags­kandidat Daniel Rinkert so: „Für eine große Koalition haben wir keinen Wähler-Auftrag erhalten.“

Der Neusser CDU-Parteivors­itzende Jörg Geerlings MdL hofft, dass es nicht zu Neuwahlen kommt. „Wir haben keine Angst davor“, sagt er. „Aber wir haben den Eindruck, die Bevölkerun­g erwartet zurecht, dass der Wahlauftra­g erfüllt wird.“

Überrascht und verärgert reagierte Erhard Demmer, Fraktionsv­orsitzende­r der Grünen im Kreistag, auf die gestrigen Nachrichte­n. Er nannte die FDPPolitik­er „Ego-Shooter“. Diese hätten „mit Anlauf“Neuwahlen geplant, die Demmer allerdings für völlig falsch hält. Er wünscht sich eine Minderheit­sregierung seiner Partei mit der Union – „das wäre einen Versuch wert“.

Bijan Djir-Sarai lobt dagegen die Reaktion von Christian Lindner. „Sie ist konsequent“, sagt der FDP-Bundestags­abgeordnet­e aus Grevenbroi­ch. „Die inhaltlich­en Differenze­n waren zu groß – das wäre keine gute und stabile Bundesregi­erung geworden.“Djir-Sarai sieht jetzt die Bundeskanz­lerin und Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier gefordert. Der hatte bei allen Parteien Gesprächsb­ereitschaf­t angemahnt – und Hermann Gröhe hofft, dass das Gehör findet.

„Minderheit­sregierung von CDU und Grünen wäre einen Versuch wert“

Erhard Demmer

Grüne

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