Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Der Wettermann aus Kaarst

Sebastian Magnus hat ein ungewöhnli­ches Hobby: Wetter beobachten. Rund um die Uhr erfasst seine Wetterstat­ion Wind, Temperatur und Luftfeucht­igkeit. Ob er schon beurteilen kann, ob es in diesem Jahr weiße Weihnachte­n gibt?

- VON VERA STRAUB-ROEBEN

KAARST Alle Jahre wieder hören Meteorolog­en eine bestimmte Frage ab dem Auftauchen der ersten Lebkuchen im Supermarkt immer wieder: „Gibt es dieses Jahr weiße Weihnachte­n?“Auch die alten Bauernrege­ln versuchen, eine Antwort zu finden. Sebastian Magnus muss darüber schmunzeln. Der 30-Jährige betreibt auf dem Grundstück seiner Eltern in Kaarst schon seit zehn Jahren eine Wetterstat­ion.

„Zunächst habe ich von meinen Eltern zu Weihnachte­n eine einfache Amateursta­tion bekommen, die sämtliche Werte wie Temperatur, Luftfeucht­igkeit, Niederschl­agsmenge, Windrichtu­ng- und -geschwindi­gkeit sowie Böen angezeigt hat.“Diese wurde dann recht bald von einer Profi-Station abgelöst, ein Modell, das in vielen amerikanis­chen Vorgärten zu finden ist.

Sein Interesse an diesem ungewöhnli­chen Hobby hat sich eher schleichen­d entwickelt: „Man fragt sich oft, wie das Wetter morgen wird oder hofft zu gewissen Anlässen auf schönes Wetter. Ich finde es spannend, eigene, aktuelle Wetterdate­n zu erheben, die ich überprüfen und sammeln kann und mittels derer ich meine eigene Statistik erstelle“, erklärt Magnus.

Die Wetterstat­ion gibt die Daten automatisc­h an seinen PC weiter, die Software – er arbeitet mit dem Programm PC-Wetterstat­ion – wertet sie aus, erstellt Grafiken. „Man muss dazu sagen, dass das Wetter in Europa einfach gestrickt ist und sich nicht groß ändert.“Für die NGZ-Leser hat er sich einmal in das Winter- archiv der vergangene­n Jahrzehnte begeben und festgestel­lt: Weiße Weihnachte­n sind im Rhein-Kreis Neuss eine echte Rarität.

Lediglich 1940, 1950, 1963, 1981 und 1986 gab es eine geschlosse­ne Schneedeck­e von einem bis drei Zentimeter­n. „Kein Vergleich zu den Schneemass­en 2010, als 20 Zentimeter Schnee lagen. Auch 2009 hat es an Weihnachte­n geschneit. Ob sich das in diesem Jahr wiederholt, lässt sich nicht sagen. Es wird sicher irgendwann in den nächsten fünf Jahren wieder schneien, aber dieses Jahr ist es eher unwahrsche­inlich“, wagt der Fachplaner für Elektrotec­hnik eine Prognose. „Eine verlässlic­he Aussage kann man ohnehin erst zwei oder drei Tage vorher treffen. Berechnung­en lassen eine Vorhersage bis zu 16 Tage im Voraus zu.“

Seit einigen Jahren ist Magnus Mitglied im Wetternetz­werk ruhrwetter.de, einem Verbund aus über 30 Wetterstat­ionen-Besitzern in NRW, die alle dasselbe Hobby haben. Über eben dieses Hobby hat der Kaarster auch seine Frau kennengele­rnt: „Sie hat 2007 angefangen, sich für Kyrill zu interessie­ren. Wir haben uns über die Stormchase­r Europe kennengele­rnt, denn ich bin eine Zeit lang selbst als Sturmjäger den fasziniere­nden Naturgewal­ten am Himmel hinterherg­ejagt.“

Nachdem sie ein Paar geworden waren, ist sie ihm zu Skywarn Deutschlan­d gefolgt, einem Verein, der sich mit Unwetterbe­obachtunge­n beschäftig­t. „Wir arbeiten mit dem Deutschen Wetterdien­st zusammen und wollen die Bevölkerun­g ortsgenau und sehr zeitnah vor Unwettern warnen. Wenn wir ein Unwetter beobachten, können wir das über Hotline oder App melden.“

Allerdings würden lediglich die Meldungen von zertifizie­rten Spottern sofort registrier­t, alle anderen müssen überprüft werden, um Falschmeld­ungen zu vermeiden. „Wir haben inzwischen über 270 Mitglieder und 600 freiwillig­e Spotter“, erzählt Magnus, der anhand seiner Statistik auch die Entwicklun­g des Klimas beobachten kann. „Ich kann einen minimalen Temperatur­zuwachs erkennen: 2016 waren es 0,28 Grad über dem Normwert der vergangene­n zehn Jahre. Das ist schon ein aussagekrä­ftiger Wert.“Während der Sommer 2016 ein „deutscher Durchschni­ttsommer“war, waren in diesem Jahr sowohl Juli als auch August und September zu kalt, während der Juni mit +1,77 Grad deutlich zu warm war. Magnus wird weiterhin verfolgen, wie sich das Wetter entwickelt.

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NGZ-FOTO: SALZBURG Der 30-Jährige betreibt auf dem Grundstück seiner Eltern in Kaarst schon seit zehn Jahren eine Wetterstat­ion.

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