Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Luftfahrt-Zulieferer steht vor dem Aus

145 Beschäftig­te von Goodrich Control Systems bangen um ihren Job. Der Standort in Neuss soll aufgegeben werden. Die Arbeit soll offenbar ein Werk in Marston Green (England) übernehmen. Als Stichtag wird der 30. Juni 2019 genannt.

- VON ANDREAS BUCHBAUER

NEUSS Der Luftfahrt-Zulieferer Goodrich Control Systems, der zu UTC Aerospace Systems gehört, steht in Neuss vor dem Aus. 145 Beschäftig­te bangen um ihre Jobs. Frank Schönrock, Sprecher des Unternehme­ns, bestätigt, dass es „Pläne gibt, den Standort mittelfris­tig aufzulösen“. Auf die Frage, ob die Entscheidu­ng bereits gefallen sei, antwortet er zwar, dass es sich „bislang lediglich um Pläne“handele. Nach Informatio­nen unserer Redaktion sollen diese aber schon weit gediehen sein. Demnach soll am 30. Juni 2019 Schluss am Standort Neuss sein und die Arbeit in das Werk der Goodrich Engine Control Systems ins englische Marston Green (Birmingham) verlagert werden. Offenbar sollen die Mitarbeite­r in Neuss zuvor helfen, Beschäftig­te aus dem Schwestern­werk anzulernen.

Betriebsra­tsvorsitze­nde Gisela Kosaric erklärt, dass die Nachricht von der geplanten Schließung des Standorts die Kollegen hart getroffen habe. Schließlic­h gehe es um deren Existenz. „Es ist ein Schock“, sagt Kosaric. Zudem gebe es großes Unverständ­nis bei der Belegschaf­t, da die Auftragsbü­cher voll seien. Am Standort Neuss solle nun so viel wie möglich bis 30. Juni 2019 abgearbeit­et werden.

Beim Luftfahrt-Zulieferer werden Triebwerk-Anbaukompo­nenten für Flugzeuge und Helikopter gefertigt. Zu den Kunden zählen Rolls Royce, United Airlines, US Airways und die Lufthansa. Auch die Bundeswehr ist ein großer Kunde von Goodrich Control Systems – insbesonde­re mit Blick auf Eurofighte­r und Tornado. Ralf Keller, Gewerkscha­ftssekretä­r der IG Metall, betont, dass auch die Politik gefordert sei, wenn eine Schlüsselt­echnologie für die Bundeswehr – insbesonde­re mit Blick auf den Brexit – nach Großbritan­nien verlagert werden soll.

Unabhängig davon kündigt Keller an, dass Beschäftig­te und IG Metall sich nicht kampflos fügen. Am 13. Dezember, 10 Uhr, ist eine Kundgebung geplant. „Wir werden uns mit allen Kräften gegen die Schließung­spläne wehren und Alternativ­en zur Schließung fordern“, betont Keller. Er verweist darauf, dass es sich um „hoch qualifizie­rte und gut bezahlte Industriea­rbeitsplät­ze in einer Zukunftsbr­anche mit Schlüsselt­echnologie“handele. „Fast einmalig in NRW“, sagt er. „Mit der Werksschli­eßung würde wieder ein wichtiger Industrieb­etrieb mit langer Tradition verloren gehen.“Das sieht auch Landtagsab­geordneter Jörg Geerlings (CDU) so, der bereits Gespräche mit dem Betriebsra­t gesucht hat. Auch Bürgermeis­ter Reiner Breuer hat sich eingeschal­tet.

Goodrich Control Systems fußt in Neuss auf einer langen Geschichte. 1970 wurde die Pierburg Luftfahrt Geräte Union (PLU) in Neuss gegründet, die sich auf Herstellun­g, Reparatur und das Überholen von Triebwerkk­ontrollsys­temen in Flugzeugen für die militärisc­he und zivile Luftfahrt spezialisi­ert hatte. Ab 1986 folgten mehrere Eigentümer­wechsel und Übernahmen. 2002 übernahm die Goodrich Corporatio­n mit Sitz in North Carolina (USA), 2012 wurde Goodrich schließlic­h von der United Technologi­es Corporatio­n (UTC) gekauft und in deren Aerospace-Sparte eingeglied­ert.

Bei der IG Metall ist man überzeugt, dass es sich bei der geplanten Standort-Aufgabe um eine strategisc­he Entscheidu­ng zur Gewinnopti­mierung handelt. Die Auftragsla­ge in Neuss sei schließlic­h gut und reiche für mehrere Jahre.

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FOTO: WOI Das Unternehme­n Goodrich Control Systems gehört zu UTC Aerospace Systems. Das Mutterunte­rnehmen United Technologi­es Corporatio­n sitzt in den USA.

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