Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Geerlings will mehr Hilfe für Terroropfe­r

Vor genau einem Jahr verloren zwölf Menschen beim Terroransc­hlag auf dem Berliner Weihnachts­markt ihr Leben – darunter eine Neusserin. An der heutigen Trauerfeie­r werden auch Hermann Gröhe und Jörg Geerlings teilnehmen.

- VON SIMON JANSSEN

NEUSS Wenn heute in Berlin der Opfer des Berliner Terroransc­hlags vor genau einem Jahr gedacht wird, dann ist auch Neuss vertreten: Gesundheit­sminister Hermann Gröhe und Jörg Geerlings als Vorsitzend­er des Untersuchu­ngsausschu­sses Anis Amri werden an der religionsü­bergreifen­den Andacht in der Gedächtnis­kirche nahe dem Tatort teilnehmen. Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier wird eine kurze Ansprache halten. Auch die Bundeskanz­lerin ist vor Ort. Eingeladen sind neben Vertretern aus der Politik Opfer, Angehörige und Helfer. Auch die Angehörige­n des Todesopfer­s aus Neuss, Angelika Klösters, erhielten eine Einladung aus Berlin. Gezielt das Gespräch mit ihnen suchen möchte Geerlings nicht. „Nur wenn es sich ergibt, ich werde mich nicht aufdrängen“, sagt der Neusser CDU-Chef.

Abgeschlos­sen ist der Fall für Geerlings noch lange nicht. Als Vorsitzend­er des Untersuchu­ngsausschu­sses stecken er und seine Kollegen vielmehr mitten in der Arbeit. „Es muss sehr viel Material ausgewerte­t werden“, sagt der Landtagsab­geordnete. Dabei gehe man chronologi­sch vor und erstelle sozusagen einen Zeitstrahl – von Amris Ankunft in Deutschlan­d bis zum Terroransc­hlag am 19. Dezember 2016, bei dem zwölf Menschen ums Leben kamen.

Dass einiges falsch gelaufen ist im Umgang mit Amri, daraus macht Geerlings keinen Hehl. Vor allem in der Kommunikat­ion zwischen den unterschie­dlichen Behörden habe es gehapert. „Teilweise wurde auch Hinweisen nicht nachgegang­en“, sagt Geerlings. Nun wurde öffentlich, dass der Attentäter von Polizei und Nachrichte­ndiensten bereits seit spätestens November 2015 gezielt überwacht worden ist. Das Bundeskrim­inalamt (BKA) und das Landeskrim­inalamt NordrheinW­estfalen (LKA) haben Amri durch einen V-Mann observiere­n lassen. Das berichtete die „Welt am Sonntag“zuerst.

Von dieser Entwicklun­g zeigt sich Geerlings überrascht. „Das war mir nicht bewusst. Wir werden das im Untersuchu­ngsausschu­ss analysiere­n. Das ist schon eine wichtige Informatio­n“, so der Neusser. Im Ja- nuar komme der Ausschuss erneut zusammen.

Nur zwei Tage nach dem Anschlag besuchte Gröhe den schwer verletzten Neusser, Sascha Klösters, in einem Berliner Krankenhau­s. „Ein besonderer Grund, bei der Trauerfeie­r dabei zu sein“, sagt der Gesundheit­sminister. Das ganze Entsetzen gehe einem bei solch einem Anlass noch einmal durch den Kopf. Nun gelte es, die richtigen Konsequenz­en aus dem zu ziehen, was falsch gelaufen sei – auch in Sachen Informatio­nsfluss zwischen den Behörden und Opferbetre­uung. Schließlic­h hatte der Opferbeauf­tragte der Bundesregi­erung, Kurt Beck, jüngst seinen Abschlussb­ericht vorgelegt. Darin untermauer­te er die Kritik von Angehörige­n der Opfer an die Bundesregi­erung, die ihr jüngst in einem offenen Brief mangelnde Unterstütz­ung vorgeworfe­n hatten. Kurt Beck fordert, Opfer finanziell höher zu entschädig­en.

Das würde Geerlings ebenfalls begrüßen: „Grundsätzl­ich denke ich, dass wir in Sachen Opferschut­z mehr machen müssen.“Auch für die von Beck vorgeschla­gene Anlaufstel­le für Opfer und Hinterblie­bene spricht sich der Landtagsab­geordnete aus.

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ARCHIV-FOTO: WOI Das mit weißen Rosen geschmückt­e Urnengrab des Anschlagop­fers aus Neuss.

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