Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Taxifahrer mit 82 Jahren

Zweimal wöchentlic­h fährt Herbert Arndt Gäste von A nach B. Nicht nur, um sich etwas dazu zu verdienen, sondern auch, um seinen „Kopf wachzuhalt­en“, wie er sagt. In seinen 50 Jahren hinterm Steuer hat der Rentner schon viel erlebt.

- VON TOBIAS SCHLEMPER

NEUSS An zwei Tagen pro Woche fährt Herbert Arndt noch seine Fahrgäste mit dem Taxi durch die Stadt und die Umgebung – damit ist der 82-Jährige, der seit rund 50 Jahren Taxi fährt, der dienstälte­ste Taxifahrer in Neuss. Und dabei hat er immer noch Freude an der Arbeit. „Ich nehme am Leben teil und habe Spaß“, erzählt Arndt. Außerdem halte das Taxifahren den Kopf wach und er komme so unter Menschen.

Arndt wurde in Brandenbur­g geboren, hat eine Lehre zum Schmied gemacht und nach seiner Zeit in der Volksarmee in Berlin gelebt und im westlichen Teil der Stadt gearbeitet. Nach einiger Zeit ging er in den Westen, lebte in Hamburg, Süddeutsch­land und im Ruhrgebiet. „Schließlic­h bin ich in Düsseldorf gelandet“, sagt Arndt.

Seit 1959 wohnt er in Neuss, dort hat er damals auch seine erste Frau kennengele­rnt. Auf der Arbeit wurde er von einem Kollegen angesproch­en, ob er nicht einen Taxischein machen und nebenbei Taxi fahren wolle. „Damit konnte ich mir etwas Geld dazuverdie­nen“, sagt der 82Jährige. Seitdem fährt er nebenbei Personen von A nach B. Im Hauptberuf arbeitete er 27 Jahre als Fahrer für Lastwagen bei der Bundespost. Mit 60 Jahren ging er in Rente, das Taxifahren hat er aber nie aufgegeben, selbst wenn er ab und zu auch mal keine Lust gehabt habe.

Heute wohnt der Rentner zusammen mit seiner zweiten Frau in Weckhoven, hat einen kleinen Hund, Enkel und Urenkel. In seinen rund 50 Jahren Dienstzeit hat der Rentner schon allerhand erlebt. „Ich habe meistens gute Erinnerung­en und kaum Schwierigk­eiten gehabt. Wenn mal Fahrgäste aggressiv geworden sind, habe ich einfach eine Faust in der Tasche gemacht und keinen Stress angefangen. Da stehe ich drüber. Die Erfahrung macht’s“, sagt er. Das Taxigeschä­ft habe aber in den letzten Jahren spürbar nachgelass­en. „Ich bin froh, dass ich das nur nebenbei mache und nicht davon leben muss.“Viele seiner Kollegen hätten bereits vor ihm aufgehört.

Alle fünf Jahre muss Arndt seinen Taxischein verlängern. Dabei wird er von einem Arzt untersucht und muss Tests zur Wahrnehmun­g, Orientieru­ng und Reaktionsf­ähigkeit bestehen. Bis September 2019 darf er noch Personen befördern. Ob er dann den Schein nochmal verlän- gert, wisse er noch nicht. „Wenn ich merken sollte, dass es nicht mehr geht, höre ich auf.“Aber im Moment könne es ihm nicht besser gehen: „Das Taxifahren ist ein schöner Ausgleich.“Seinen Gästen helfe er sogar noch mit ihrem Gepäck.

Seine Fahrgäste fuhr Arndt aber nicht immer nur durch das Neusser Stadtgebie­t und die nähere Umgebung. „Einmal habe ich einen Mann samstagnac­hts zu einem Casino in Holland gefahren“, erzählt er. Dort habe der Mann bis 2 Uhr in der Nacht gespielt. Danach seien sie weiter zu einem Casino nach Belgien gefahren. „Er hatte mir zehn Prozent von seinem Gewinn versproche­n“, erklärte Arndt. „Letztendli­ch habe ich mehr als die ganze Taxifahrt bezahlt bekommen. Das hat sich gelohnt“, sagt er.

Auch Prominente saßen schon bei Arndt im Auto. So zum Beispiel der ehemalige Nationalto­rhüter und Spieler des FC Bayern München, Sepp Maier, den Arndt von einem Hotel zum Flughafen fuhr. Auch der Schlagersä­nger Roberto Blanco war schon sein Fahrgast. Mit beiden habe er sich auf der Fahrt unterhalte­n. „Sie waren sehr nett“, erzählte er. Allerdings seien diese Fahrten schon über zehn Jahre her.

Früher fuhr Arndt auch an Wochenende­n und an Feiertagen. „Ich bin auch an Heiligaben­d und Silvester gefahren. Da konnte man richtig Geld verdienen.“Heute würde er das aber nicht mehr machen. „Meine Frau würde mich rausschmei­ßen“, sagt er und lacht. Weihnachte­n verbrachte er dieses Jahr mit seiner Familie.

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NGZ-FOTO: WOITSCHÜTZ­KE Mit 60 Jahren ist Herbert Arndt in Rente gegangen. Das Taxifahren hat er aber nie aufgegeben. Auf der Arbeit wurde er von einem Kollegen angesproch­en, ob er nicht einen Taxischein machen wolle.

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