Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Zweite Fremdsprac­he ab Klasse 7

Die schwarz-gelbe Landesregi­erung will mit dem Unterricht in Französisc­h oder Latein künftig wieder ein Jahr später beginnen. Elternvert­reter begrüßen den Schritt, die Lehrer sind gespalten.

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND FRANK VOLLMER

DÜSSELDORF Rückkehr zu einem bekannten Modell: An den weiterführ­enden Schulen in Nordrhein-Westfalen soll die zweite Fremdsprac­he nach dem Willen der Landesregi­erung künftig erst wieder vom siebten Schuljahr an unterricht­et werden. „Ich halte einen Start in Klasse 7 für sinnvoll“, sagte Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) unserer Redaktion. Dies entspreche dem Wunsch fast aller Beteiligte­n.

„Es wird auch in allen anderen Schulforme­n gewünscht, ein Jahr später als bisher anzufangen“, fügte die Ministerin hinzu. Deshalb und im Sinne der Möglichkei­t, von einer Schulform in die andere zu wechseln, sei es „geboten, an allen Schulforme­n gleichzeit­ig in Klasse 7 zu beginnen“. Der notwendige­n Änderung der entspreche­nden Verordnung muss noch der Schulaussc­huss des Landtags zustimmen.

Die von Gebauer angestrebt­e Regelung galt bereits vor der Verkürzung der Gymnasialz­eit auf acht Jahre. Die schwarz-gelbe Landesregi­erung will von 2019 an grundsätzl­ich zur neunjährig­en Gymnasialz­eit (G9) zurückkehr­en; die Schulen sollen sich aber mit einer Mehrheit von zwei Dritteln plus einer Stimme in der Schulkonfe­renz auch für den Verbleib im achtjährig­en System (G8) entscheide­n können. Vielen Schulen ist die Festlegung, wann die zweite Fremdsprac­he einsetzt, also meist Französisc­h oder Latein, für diese Entscheidu­ng wichtig.

Die Meinungen, ab wann die zweite Fremdsprac­he unterricht­et werden sollte, gehen auseinande­r. „Es gibt keine sachlichen Erkenntnis­se, die zweite Fremdsprac­he wieder nach hinten zu verlegen“, sagte Peter Silbernage­l, Vorsitzend­er des Philologen­verbands in NRW. Die meisten Bundesländ­er, auch Bayern, fingen damit schon in Klasse 6 an. Auch könnten die sprachlich­en Fähigkeite­n eines Schülers dann mit in jene Beurteilun­g einfließen, die am Ende der Erprobungs­stufe nach Klasse 6 ansteht. Sie entscheide­t darüber, ob ein Schüler versetzt wird und ob er das Gymnasium verlassen muss.

„Das einzige Argument für Klasse 7 ist Erleichter­ung für die Schüler – das ist aber nicht das überzeugen­dste“, sagte Silbernage­l. Wenn die Schulminis­terin eine Qualitätso­ffensive an den Gymnasien starten wolle, dürfe es kein Argument sein, Schülern das Leben leichter zu machen. Silbernage­l schlug stattdesse­n vor, Englisch statt wie derzeit vom ersten Grundschul­jahr an erst in der dritten Klasse zu unterricht­en. Die zweite Fremdsprac­he könne dann in Klasse 6 einsetzen, die dritte in Klasse 8 und die vierte in der Oberstufe. An Gesamtschu­len könne die Folge anders gehandhabt werden.

Maike Finnern, Vorstand der Lehrer-Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft in NRW, hingegen begrüßte die Ankündigun­g: Es habe viele Kinder überforder­t, so kurz nach der ersten Fremdsprac­he die nächste zu erlernen. „Die Grundlagen in Englisch müssen erst gefestigt sein“, sagte Finnern. Ähnlich äußerte sich Regine Schwarzhof­f, Vorstand des Elternvere­ins NRW. Sie plädiert dafür, in der Grundschul­e den Schwerpunk­t stärker auf Lesen, Schreiben und Rechnen zu legen. Dann könne Englisch von Grund auf ab Klasse 5 unterricht­et werden, die zweite Fremdsprac­he ab Klasse 7. Auch die G9-Elterninit­iativen sind für einen Start in Klasse 7.

Ministerin Gebauer überprüft zurzeit auch den Englischun­terricht an Grundschul­en. „Es gab dazu eine Anhörung, ich warte jetzt auf die Meinungsbi­ldung im Parlament“, sagte sie. Zu klären sei, ob der Englischun­terricht weiter so früh wie bisher einsetze. An eine Abschaffun­g sei aber nicht gedacht: „Mir geht es um den richtigen Zeitpunkt, mit dem Unterricht zu beginnen.“

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