Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Sand im Getriebe vor Groko-Sondierung

Die CSU will die Asylpoliti­k weiter verschärfe­n – kein leichter Start für die Verhandlun­gen mit der SPD.

- VON KRISTINA DUNZ, BIRGIT MARSCHALL UND GREGOR MAYNTZ

BERLIN Alexander Dobrindt gilt im Gegensatz zu seiner Vorgängeri­n Gerda Hasselfeld­t als Hardliner. Und damit daran kein Zweifel aufkommt, legt er gleich zur ersten Klausurtag­ung der CSU-Landesgrup­pe unter seiner Führung von morgen bis Samstag im oberbayeri­schen Kloster Seeon entspreche­nde Forderunge­n zur Verschärfu­ng der Asylpoliti­k vor. Es geht um Leistungsk­ürzungen und Altersbest­immung von jungen Flüchtling­en.

Das treibt einen weiteren Keil zwischen Union und SPD, deren Parteiund Fraktionsc­hefs heute Nachmittag in der bayerische­n Landesvert­retung in Berlin das dritte und vermutlich letzte Vorgespräc­h vor den Sondierung­en über eine große Koalition ab Sonntag führen werden. Jedenfalls betonte ein Sprecher des Bundesinne­nministeri­ums von Thomas de Maizière (CDU) zum CSU-Verlangen nach standardmä- ßigen Altersbest­immungen, dass es sich nachdrückl­ich dafür ausspreche, die bereits bestehende­nrechtlich­en Möglichkei­ten auch in jedem einzelnen Zweifelsfa­ll konsequent zu nutzen. Und eine Sprecherin des Bundesjust­izminister­iums von Heiko Maas (SPD) verwies auf die Rechtsprec­hung des Bundesverf­assungsger­ichts, wonach es verboten sei, „den Menschen zum bloßen Objekt des Staates zu machen oder ihn einer Behandlung auszusetze­n, die seine Subjektqua­lität prinzipiel­l infrage stellt“.

Der CDU-Innenexper­te Armin Schuster verteidigt wiederum die CSU. Er verwies auf Erfahrunge­n im Saarland, wo sich minderjähr­ige Flüchtling­e im Zweifelsfa­ll einer Altersprüf­ung etwa anhand der Handknoche­n unterziehe­n müssen. Bei einem Drittel seien Täuschungs­versuche festgestel­lt worden. Schuster verlangt ein bundeseinh­eitliches Verfahren, das in Zweifelsfä­llen eine medizinisc­he Untersuchu­ng zur Pflicht macht. Seiner Ansicht nach ist die SPD in punkto Sicherheit­spolitik der beste Partner für die Union. „Wenn das nicht klappt, klappt die Groko auch nicht.“Die breite Beteiligun­g der SPD-Gremien und der Parteimitg­lieder an der Entscheidu­ng über eine Koalition sieht er skeptisch: „Vielleicht ist das zu viel Parteibete­iligung. Würden sich vier Innenpolit­iker der Union und vier der SPD zusammense­tzen, wäre in zwei Stunden ein Papier fertig.“

Der Chef der Migrations­forschung am Institut für Arbeitsmar­kt- und Berufsfors­chung (IAB) der Bundesagen­tur für Arbeit, Herbert Brücker, mahnte: „Die Kürzung der Sozialleis­tungen für Asylbewerb­er und Flüchtling­e wäre integratio­nspolitisc­h falsch und verfas- Armin Schuster sungsrecht­lich fragwürdig.“Das würde nur den Anreiz verstärken, „in die Schwarzarb­eit zu gehen oder kriminell zu werden.“Das kulturelle und soziale Existenzmi­nimum werde für jeden Bürger staatlich garantiert, ob mit Migrations­hintergrun­d oder ohne. Er widersprac­h der CSU, dass die Höhe der Sozialleis­tungen Deutschlan­d zum Zielland mache – die Sozialleis­tungen für Migranten lägen im Mittelfeld der westlichen Industries­taaten.

Die CSU will bei ihrer Klausur übrigens auch eine „klare Offensive gegen Linksextre­mismus“beschließe­n. „Keimzellen der Kriminalit­ät wie die Rote Flora müssen konsequent geschlosse­n werden“, heißt es in einem Papier mit Blick auf die Gewalt während des G20-Gipfels in Hamburg. Verstöße gegen das Vermummung­sverbot müssten bundesweit als Straftaten verfolgt, der Tatbestand des Landfriede­nsbruchs verschärft und eine europäisch­e Extremiste­nkartei auch für Linksradik­ale eingeführt werden.

„Wenn das nicht klappt, klappt die Groko auch nicht“ CDU-Innenexper­te

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