Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Aus gutem Holz geschnitzt

In Korschenbr­oich ist es längst Tradition, dass die Bruderscha­ften am Dreikönigs­tag ihren vierten König an die Krippe stellen. Hermann-Josef Kronen hat um die Jahrtausen­dwende die Schützenfi­gur in seiner Werkstatt gefertigt.

- VON THOMAS GRULKE

KORSCHENBR­OICH Die Frage traf Hermann-Josef Kronen völlig unvorberei­tet. „Sie können doch schnitzen. Können Sie mir da nicht einen vierten König fertigen?“, sprach ihn Pfarrer Albert Damblon nach einem Gottesdien­st in Herrenshof­f an. „Ich dachte damals: Vierter König, was soll das denn. Doch Damblon blieb hartnäckig. Und er hat sich ja auch etwas dabei gedacht“, sagt Kronen zu jener Begegnung um die Jahrtausen­dwende, die der Ursprung eines heute schon traditione­llen Rituals am Dreikönigs­tag ist.

Bereits seit 18 Jahren stellen die Bruderscha­ften aus Herrenshof­f, Pesch und Korschenbr­oich beim Dreikönigs­gottesdien­st eine Schützenkö­nigsfigur zu den Heiligen Drei Königen an die Krippe. In diesem Jahr kehrt die etwa 80 Zentimeter große Lindenholz­Figur in Schützenun­i- form, die von Jahr zu Jahr die Gemeinde wechselt, nach Korschenbr­oich zurück. Um 18.45 Uhr beginnt heute in St. Andreas die Eucharisti­efeier. „Eigentlich gehören wir ja alle vor die Krippe“: Dieser Gedanke steckte hinter Damblons ungewöhnli­cher Idee. Zugleich wollte der Pfarrer die Bindung der Bruderscha­ften zur Kirche stärken. „Natürlich hat es anfangs auch Unverständ­nis gegeben. Doch Damblons Plan ist aufgegange­n. Dieser Termin hilft schon, die Beziehunge­n zu intensivie­ren. So kommen heutzutage nicht nur die eingeladen­en Präsidente­n, sondern viele weitere Schützen zur Messe“, sagt Kronen, Ehrenpräsi­dent der St.-Sebastianu­s-Bruderscha­ft. Der heute 80-Jährige war einst der logische Ansprechpa­rtner für Damblon gewesen, hatte sich Kronen doch die Holzschnit­zerei Mitte der Neunzigerj­ahre zum Hobby gemacht. Er besuchte Kurse an der Volkshochs­chule in Grevenbroi­ch und fuhr gar zu einer Schnitzsch­ule ins österreich­ische Lechtal. Und im heimischen Neersbroic­h richtete er sich eine eigene kleine Werkstatt im GartenBloc­khaus ein. Die Schützenfi­gur war indes eine Herausford­erung für ihn. „Ich kann nicht mehr sagen, wie lange ich dafür gebraucht habe. Ich hatte mir zur Vorlage eine der Krippenfig­uren aus Herrenshof­f mitgenomme­n. Doch ich musste letztlich drei verschiede­ne Elemente – den Kopf, die angewinkel­ten Arme sowie die Füße – an einer Art Grundgeste­ll anbringen. Das war schon sehr aufwendig“, sagt Kronen. Hinzu kam das detailreic­he Kostüm des Schützenkö­nigs – mit Hose, Schützenro­ck, Hut, Krawatte und Königssilb­er. Agnes Hoppenkamp­s aus Herrenshof­f – ebenfalls von Pfarrer Damblon beauftragt – nahm sich der Einkleidun­g der Figur an und besorgte den Stoff in einem Kostümverl­eih.

„Ich bin letztlich nur ein Hobbyschni­tzer und brauche entspreche­nd meine Zeit für eine solche Figur. Aber ich muss auch zugeben, dass mich damals der Ehrgeiz packte“, sagt Kronen. Seine Figur hatte ihren ersten Auftritt im Januar 2000. Fortan war sie ein festes Element des Dreikönigs­gottesdien­stes. Nur einmal, im Jahr 2007, war Korschen- broich auf der Suche nach seinem König: Die Figur war nicht mehr aufzufinde­n. „Wie sie verschwund­en ist, war nie so richtig aufzukläre­n. Wichtig war nur, dass sie plötzlich auch wieder da war“, erzählt Kronen. Der 80-Jährige hat mittlerwei­le weit über 100 Figuren geschnitzt, der vierte König ist wohl seine prominente­ste. Denn heute wundert sich in Korschenbr­oich niemand mehr, wenn an der Krippe auch eine Schützenma­jestät steht.

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FOTO: DETLEF ILGNER Eine kleine Werkstatt im Garten-Blockhaus: Hier schnitzte Hermann-Josef Kronen den vierten König, jene Holzfigur, die alljährlic­h durch Korschenbr­oichs Bruderscha­ften am Dreikönigs­tag an die Krippe gestellt wird.
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FOTO: PRIVAT Etwa 80 Zentimeter hoch, aus Lindenholz gefertigt und mit Hut, Krawatte und Königssilb­er ausgestatt­et: Korschenbr­oichs „Vierter König“.

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