Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Das Schlaraffe­nland heißt Neuss

Interviews mit Neussern sind die Basis für die neue Produktion im Rheinische­n Landesthea­ter.

-

NEUSS (hbm) Schlaraffe­nland und Mäßigung – das scheint ein Begriffspa­ar zu sein, das überhaupt nicht zusammenpa­sst. Es war also eine große Herausford­erung, auf der Folie der legendären Beschreibu­ngen Ludwig Bechsteins von einem Land, in dem die Vögel gebraten durch die Luft fliegen, das Spielzeitt­hema des RLT abzuklopfe­n. Ein „Recherche-Projekt“haben Regisseuri­n Carolin Millner und Dramaturgi­n Alexandra Engelmann denn auch die Produktion genannt, die am Samstag im Studio Premiere hat.

Grundlage sind Interviews, die vor allem Millner mit Neussern geführt hat, die in irgendeine­r Art mit der Lebensmitt­elbranche zu tun haben. „Geschäftsl­eute, Angestellt­e einer Kantine und Arbeiter aus dem Hafen sind dabei“, sagt Millner, der es dabei an Material nicht mangelte, aber die sich gleichwohl als Regis- seurin vor der Schwierigk­eit gestellt sah, „ohne Netz und doppelten Boden“an der Umsetzung für die Bühne zu arbeiten.

„Es gibt keine Figur und keinen Plot, hinter denen man sich verstecken kann“, sagt sie, was es auch für die Schauspiel­er nicht einfach machte. „Wir haben schon gemeinsam Stücke entwickelt, aber ein solches Recherche-Projekt machen wir zum ersten Mal“, ergänzt Engelmann

Grundlage der Gespräche mit den Neussern waren Fragen: Sehen sich die Bürger in einem Schlaraffe­nland leben? Wie sieht das persönlich­e Schlaraffe­nland aus? Wo ist der Schnittpun­kt zu einem öffentlich­en? Gibt es den überhaupt? Engelmann betont aber, dass aus den authentisc­h wiedergege­benen Interviews „kein Stück entstanden ist, sondern Stimmen in theatrale Bilder umgesetzt werden“.

Dass in Neuss zudem ein Bundesgetr­eidespeich­er für schlechte Zeiten existiert, passt nicht nur zur Sache, sondern ist auch für Ausstatter Nils Wildegans eine Steilvorla­ge für das Bühnenbild: „Es besteht aus großen Getreidesä­cken, die mal zu einer Wand, mal zu einem Berg gebaut werden können.“

Christoph Bahr, Katharina Dalichau und Anna Lisa Grebe geben den Stimmen ein Gesicht, haben den Text zudem während der Proben mit eigenen Improvisat­ionen angereiche­rt, die Millner und Engelmann aufgenomme­n haben. Doch beide betonen, dass es sich bei dem Text nicht um einen „Flickentep­pich handelt, sondern die Interviews so verwoben sind, dass daraus wirklich ein Text entstanden ist“.

Am Ende, so hoffen die beiden Frauen, geht der Zuschauer aus dem Theater raus und wird zu einer eigenen Haltung angeregt. „Denn Antworten werden wir nicht liefern“, sagt Engelmann. Info Oberstraße 95, Samstag, 13. Januar, 20 Uhr (Premiere), Karten unter 02131 269933

 ?? FOTO: ORBONS ?? Anna Lisa Grebe (l.) und Katharina Dalichau in einer Probe.
FOTO: ORBONS Anna Lisa Grebe (l.) und Katharina Dalichau in einer Probe.

Newspapers in German

Newspapers from Germany