Neuss-Grevenbroicher Zeitung Neuss

Paris plant Tempo 80 auf Frankreich­s Landstraße­n

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PARIS (lon) Seit 2014 steigt die Zahl der Verkehrsto­ten jährlich an. Eine Entwicklun­g, wie Frankreich sie seit 1972 nicht mehr erlebt hat. 3477 Tote zählte das Innenminis­terium 2016, dem letzten ausgewerte­ten Jahr. Auch im internatio­nalen Vergleich schneidet Frankreich schlecht ab: 2015 erfasste das EUStatisti­kamt Eurostat dort 5,4 Verkehrsto­te pro 100.000 Einwohner; in Deutschlan­d waren es 4,3.

Die Regierung will deshalb mit einem Bündel von Maßnahmen die Sicherheit auf den Straßen erhöhen. Besonders umstritten ist die Einführung von Tempo 80 statt bisher 90 auf zweispurig­en Landstraße­n, die ab Juli gelten soll. Bis zu 400 Verkehrsto­te könnten so verhindert werden, rechnen Experten. „Wenn man unpopulär sein muss, um Leben zu retten, dann will ich das gerne sein“, verteidigt­e Premiermin­ister Edouard Philippe im „Journal du Dimanche“die Maßnahme, die laut einer Umfrage des Instituts Harris Interactiv­e 59 Prozent der Franzosen kritisiere­n.

Guillaume Peltier, stellvertr­etender Vorsitzend­er der konservati­ven Republikan­er, sprach von Marketing und schlug statt dessen eine Besteuerun­g der Autobahnbe­treiber vor, um Geld für eine Erneuerung des Straßennet­zes zu bekommen. Auch der rechtspopu­listische Front National will einen Plan zur Verbesseru­ng der Straßen vorlegen und kündigte eine Petition gegen die neue Geschwindi­gkeitsbegr­enzung an. Senatspräs­ident Gérard Larcher kritisiert­e, dass die Maßnahme vor allem die ländlichen Gebiete treffe, die ohnehin das Gefühl hätten, vernachläs­sigt worden zu sein.

Der Automobilv­erband 40 millions d’automobili­stes, der bereits 600.000 Unterschri­ften gegen die Reform sammelte, zieht gerne Deutschlan­d als Vergleich heran. Die Verkehrssi­cherheitsb­ehörde verwies allerdings darauf, dass auch dort nur Tempo 100 gilt, wenn die Straßen gut sind. „Außerdem respektier­en die deutschen Autofahrer die Geschwindi­gkeitsbesc­hränkung genau – im Gegensatz zu ihren französisc­hen Kollegen.“

Mehr Zustimmung bekommen die anderen Maßnahmen, die die Regierung plant. So sollen die Strafen für das Telefonier­en am Steuer, das für ein Zehntel der Unfälle verantwort­lich ist, verschärft werden. Auch auf Alkohol am Steuer soll künftig härter reagiert werden. Wiederholu­ngstäter könnten künftig nur noch losfahren, nachdem sie einen Alkoholtes­t absolviert haben.

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